Europa-Park-Chef: Kinder sagen, ich hätte auch Pfarrer werden können

Gesegnete Achterbahnen, Marienfiguren, die sich in Attraktionen verstecken und eine norwegische Stabkirche mitten im Freizeitpark: Wer den Europa-Park in Rust im Süden Deutschlands besucht, der mag erstaunt sein über die offensichtliche Verbindung des Parks zum Christentum. Die ist aber kein Zufall, denn die Gründerfamilie ist tief im katholischen Glauben verwurzelt. In diesem Jahr feiert der Freizeitpark sein 50-jähriges Jubiläum. Roland Mack spricht im katholisch.de-Interview darüber, wie der Glaube Einfluss auf seine unternehmerischen Entscheidungen nimmt – und warum sich Achterbahnen und Kirche nicht ausschließen.
Frage: Herr Mack, der Europa-Park ist mit den christlichen Kirchen verbunden wie wohl kaum ein anderer deutscher Freizeitpark. Das hat auch mit Ihrer persönlichen Familiengeschichte zu tun. Inwiefern sind Sie mit dem Glauben aufgewachsen?
Mack: Warmherzigkeit, Gerechtigkeit, Selbstlosigkeit, Bescheidenheit und Optimismus – mit diesen fünf Eigenschaften hat der langjährige Schaustellerseelsorger Ernst Heller meine im Jahr 2004 verstorbene Mutter Liesel treffend beschrieben. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir christliche Werte vor allem durch das Vorbild anderer Menschen aufnehmen. Bei mir waren es meine Eltern, die uns diese Werte vermittelt haben. Meine Mutter – eine lebensfrohe Rheinländerin – und mein Vater – ein eher nüchterner Schwarzwälder – sind beide katholisch aufgewachsen und haben sich hervorragend ergänzt. Meine Mutter hat unser soziales Engagement begründet. Aus ihrem christlichen Glauben heraus war es ihr ein Herzensanliegen, anderen Menschen zu helfen. Sie hatte immer ein offenes Herz, und das hat uns geprägt.
Frage: Hat der Glaube Einfluss auf Ihre beruflichen Entscheidungen als Unternehmer?
Mack: Der Anspruch des "ehrbaren Kaufmanns" hat Familienunternehmen über Generationen hinweg geprägt. Es geht darum, welchen Beitrag ein Unternehmen für die Gesellschaft leisten kann – jenseits des rein wirtschaftlichen Handelns. Die Anerkennung ethischer Grundsätze und die Verantwortung für Menschen und die Gesellschaft sind uns wichtig. Was heute "Corporate Social Responsibility" genannt wird, haben unsere Eltern und Großeltern von Anfang an gelebt. Wir führen diese Tradition mit all unseren Möglichkeiten fort. Es macht uns glücklich und auch ein wenig stolz, dass wir in der Lage sind, anderen Menschen zu helfen. Bei jeder Investition fragen wir uns: Entspricht sie den Werten unseres über Generationen gewachsenen Familienunternehmens? Ich möchte keine anonyme Konzernstruktur, in der der persönliche Kontakt zu den Mitarbeitenden verloren geht. Wir sind in unserem Unternehmen nah dran und führen es nicht nur anhand von Zahlen. Wir wissen täglich, was hier passiert. Bei unseren sozialen Aktionen machen wir meist kein großes Aufheben.

Die norwegische Stabkirche steht mitten im Europa-Park.
Frage: Es gibt im Europa-Park eine Kirche und mehrere Kapellen. Mit dem Projekt "Kirche im Europa-Park" bieten Sie Gottesdienste und auch Trauungen an. Wie wird das von den Gästen angenommen?
Mack: Das hat sich sehr natürlich entwickelt. Wenn die Menschen nicht mehr in die Kirche kommen, dann kommt die Kirche eben zu den Menschen. Im Europa-Park sind zwei Seelsorger – ein evangelischer und ein katholischer – tätig. Jedes Jahr feiern wir zahlreiche Hochzeiten, Taufen, Ehejubiläen und Geburtstage in unseren Kirchen. Das geschieht alles in einem sehr stilvollen Rahmen und steht in keinem Widerspruch zu den Achterbahnen und anderen Attraktionen in unmittelbarer Nähe. Kirche lebt von den Herzen der Menschen.
Frage: Im Europa-Park ist der Glaube auch subtil allgegenwärtig. Es gibt beispielsweise viele versteckte Marienfiguren. Warum haben Sie sich dafür entschieden?
Mack: Das sollte man nicht überbewerten. Wir haben mehrere Kirchen und selbstverständlich auch Marienfiguren. Gerade in schwierigen Zeiten gilt es, ein Zeichen für christliche Grundwerte zu setzen. Jeder sollte an seinem Platz für den Glauben einstehen – ob Lehrer, Bauarbeiter, Arzt, Sportler oder Unternehmer.
Frage: Gibt es auch Besucher, die Ihnen sagen, Kirche gehöre nicht in einen Freizeitpark?
Mack: Mir persönlich hat das noch niemand gesagt. Und falls es jemand denkt, respektiere ich das. Wir leben in einer Zeit, in der die Amtskirche eine ihrer schwersten Krisen durchläuft und viele Gläubige große Zweifel am gesamten System haben, vor allem wegen der schwierigen Aufarbeitung von Missbrauchsvorwürfen. Dennoch bin ich dankbar, dass sich nach wie vor so viele Menschen – oft ehrenamtlich – für die Grundwerte der Kirchen engagieren.

Wenn man genau hinsieht, findet man an vielen Stellen im Europa-Park Marienfiguren und Ikonen.
Frage: Trotzdem besteht ja die Gefahr, dass die Kirche im Europa-Park nur als eine weitere Freizeitparkattraktion wahrgenommen wird. Wie wollen Sie das ändern?
Mack: Das möchte ich gar nicht ändern. Warum sollte ich? Ich erinnere mich an ein Kind aus Ghana, das nach einer Herzoperation durch unsere Aktion "Kinderherzen retten" wieder gesund wurde. Mein Freund Professor Friedhelm Beyersdorf von der Universitätsklinik Freiburg hat die Operation ermöglicht. Die Lebensfreude dieses Jungen hat meine Mutter damals tief berührt. Sie hat uns immer ermahnt: "Vergesst den Herrgott nie und seid dankbar für alles." Es wäre doch wunderbar, wenn unsere Kirchen im Park auch als Attraktion wahrgenommen werden.
Frage: Die neue Achterbahn "Voltron" wurde bei der Einweihungszeremonie gesegnet. Das kam manchen Influencern etwas befremdlich vor. Erhoffen Sie sich durch den Segen eine sicherere Fahrt?
Mack: Seit 50 Jahren ist es bei uns Tradition, jede Attraktion, jedes Fahrgeschäft und jedes Hotel zu segnen. Das gehört dazu, und unser Zirkusseelsorger segnet die Gäste oft lautstark mit "Halleluja" und reichlich Weihwasser. Natürlich hoffen wir auf einen unfallfreien Betrieb. Zu Influencern habe ich ein gutes Verhältnis, und ich habe noch nie gehört, dass sie den Segen als befremdlich empfinden. Und falls doch, kann ich daran nichts ändern.
Frage: Ihre Angebote sind im Park immer ökumenisch geprägt. Es werden auch verschiedene Religionen berücksichtigt, indem beispielsweise ein Gebetsteppich bereitliegt. Warum ist Ihnen das wichtig?
Mack: Es geht um den Glauben und die Werte der Menschen, nicht um eine einzelne Kirche. Wir möchten möglichst viele Besucher ansprechen, auch diejenigen, die nicht an Gott glauben.
Frage: In Ihrer Biografie steht, dass es Ihnen manchmal schwerfällt, einer herkömmlichen Messe zu folgen, weil Sie sich so schnell ablenken lassen. Kann Kirche in dieser Hinsicht auch etwas von Freizeitparks lernen?
Mack: Das wäre vermessen, wenn ich der Kirche Ratschläge geben würde. Schuster, bleib bei deinem Leisten. Aber meine Kinder sagen oft: "Du hättest auch Pfarrer werden können."