Standpunkt

Die Demokraten brauchen einander

Veröffentlicht am 18.02.2025 um 00:01 Uhr – Von Ulrich Waschki – Lesedauer: 4 MINUTEN

Bonn ‐ Vor dem Wahlsonntag sieht Ulrich Waschki noch einige Desiderate im Wahlkampf. Er fordert aber auch: Am dem kommenden Montag sind alle Demokraten in der Pflicht, bis an die Grenzen ihrer Kompromissfähigkeit zu gehen.

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Spätestens seit der verstörenden Rede von US-Vizepräsident J.D. Vance bei der Münchner Sicherheitskonferenz ist klar, wie tiefgreifend der weltpolitische Wandel ist. Die Frage nach Krieg und Frieden in Europa hat eine Aktualität bekommen wie in den schlimmsten Phasen des Kalten Krieges. Da wirkt es fast wie Hohn, welch unbedeutende Rolle dieses Thema im deutschen Wahlkampf spielt.

Die Zeiten sind beängstigend: Nach der Ukraine droht sich Russlands Kriegstreiber Wladimir Putin mit den baltischen Staaten Mitgliedsländer der NATO vorzunehmen. Donald Trump kündigt die transatlantische Partnerschaft auf und baut gleichzeitig die USA in einer Art um, dass Beobachter von einem Staatsstreich von oben sprechen. In Deutschland wird bei der Bundestagswahl die rechtsradikale AfD vermutlich auf dem zweiten Platz landen. Angesichts dieser Krisen haben viele die dramatischen Folgen des fortschreitenden Klimawandels fast schon aus dem Bewusstsein verdrängt. Auch dieses Thema findet sich im Wahlkampf kaum.

Das ist nicht nur den politischen Akteuren vorzuwerfen, sondern auch den Medien, die in immer neuen Formaten versuchen, das komplexe politische Geschäft auf quotentaugliche Konflikte zu reduzieren. Gut ist, dass wir auch dadurch eine Politisierung unserer Gesellschaft erleben. So viel wie aktuell wurde wohl schon lange nicht mehr über politische Themen diskutiert. Doch gleichzeitig fallen entscheidende Themen unter den Tisch oder werden nur sehr oberflächlich diskutiert.

Spätestens nach der Wahl ist Zeit für eine Blut-Schweiß-und-Tränen-Rede, die die Wählerinnen und Wähler ernst nimmt, auf schwierige Zeiten einstimmt und die Größe der vor uns liegenden Aufgaben klarmacht. Unsere Demokratie muss sich beweisen. Wenn es ab dem nächsten Montag darum geht, eine Regierungsmehrheit zu finden, sind alle demokratischen Parteien in der Pflicht. Sie werden bis an die Grenzen ihrer Kompromissfähigkeit gehen müssen. Wie es nicht geht, haben SPD und Grüne sowie Union und FDP bei den letzten Migrationsdebatten im Bundestag gezeigt.

Bei aller berechtigten Kritik helfen überzogene moralische Bewertungen vom Spielfeldrand übrigens auch nicht dabei, die Probleme zu bewältigen und die Radikalen zurückzudrängen. Politiker der Union in die Nähe von Faschisten zu rücken oder in katholischen Verbänden wie kfd und KDFB die Vorsitzenden zum Rücktritt aufzufordern, ist überzogen und leistet der gesellschaftlichen Spaltung Vorschub. Die Demokraten brauchen einander! 

Von Ulrich Waschki

Der Autor

Ulrich Waschki ist Geschäftsführer und Chefredakteur der Verlagsgruppe Bistumspresse.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.