Verraten ist, wer auf "starke Männer" setzt
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"Verflucht der Mensch, der auf Menschen vertraut, auf schwaches Fleisch sich stützt und dessen Herz sich abwendet vom Herrn. […] Gesegnet der Mensch, der auf den Herrn vertraut und dessen Hoffnung der Herr ist." (Jer 17,5.7), konnten wir am vergangenen Sonntag in der Lesung hören. Hat uns dieser zweieinhalbtausend Jahre alte Text auch heute noch etwas zu sagen? Nicht nur alle drei Jahre am 6. Sonntag im Jahreskreis, sondern auch zwischen der Münchener Sicherheitskonferenz und der Bundestagswahl?
Wir scheinen wieder auf eine Zeit der "starken (und obszön reichen) Männer" zuzusteuern. Wenn es nach Trump und Putin geht, dann ist Frieden in der Ukraine nicht etwas, was in einem langen Prozess zwischen Kriegsparteien ausgehandelt wird, sondern ein "Deal", der über die Köpfe der betroffenen Nation(en) hinweg gemacht wird. In den sozialen Medien ist seit langem der Ruf nach einem "starken Mann" zu hören, der "für Recht und Ordnung" sorgen soll – wobei die Vorstellungen von "Recht und Ordnung" rückwärtsgewandt sind: Menschen anderer Religion und Hautfarbe, Menschen mit einer von der Heteronormativität abweichenden sexuellen Orientierung oder Identität, Windräder und andere Maßnahmen gegen den Klimawandel haben in diesen Vorstellungen keinen Platz. Und die Rede, in der US-Vizepräsident Vance Europa gelinde gesagt ein Demokratie- und Freiheitsdefizit unterstellte, gereicht einem Neusprech Orwell’scher Prägung zur Ehre.
Mit den Worten Jeremias gesagt: Verflucht – verraten und verkauft – ist, wer zur Lösung der zweifellos gravierenden Probleme unserer Zeit auf "starke Männer" setzt, die sich von Machtgier und Narzissmus leiten lassen und denen es egal ist, wer dabei unter die Räder kommt… und wenn es die eigenen Wähler sind.
"Gesegnet […], der auf den Herrn vertraut." – Säkular ausgedrückt: Weise die Menschen, die wissen und danach handeln, dass sie nicht allein auf der Welt sind sondern Verantwortung tragen und Rechenschaft ablegen müssen: gegenüber den Schwachen und Schutzbedürftigen und gegenüber den kommenden Generationen – unabhängig von Hautfarbe, Geschlecht und Nationalität.
Die Autorin
Ricarda Menne ist Lehrerin für Englisch, Geschichte und katholische Religion.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.