Dagegen Lob von Priester

Missbrauchswagen im Karneval – Betroffene sehen fehlendes Feingefühl

Veröffentlicht am 26.02.2025 um 09:19 Uhr – Lesedauer: 4 MINUTEN

Bonn/Köln ‐ "Ein erneuter Missbrauch unserer Verletzungen": Der Betroffenenbeirat im Erzbistum Köln kritisiert die geplante Darstellung von Missbrauch im Kölner Rosenmontagszug. Von anderen Betroffenen gibt es hingegen Lob.

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Der Betroffenenbeirat im Erzbistum Köln schließt sich der Kritik an einem Persiflage-Wagen zum Thema Missbrauch im Kölner Rosenmontagszug an. "Dass das Thema auf diese Weise 'verarbeitet' wird, ist ein erneuter Missbrauch unserer Verletzungen", heißt es in einer Stellungnahme von Mittwoch, die der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorliegt.

Es sei wichtig, über sexuellen Missbrauch öffentlich zu reden, jedoch geschehe dies selten mit Fingerspitzengefühl: "In unserer Not und unserer Verletzung werden wir immer wieder mit großer Unwissenheit, Falschdarstellung und Abwertung konfrontiert." Erschreckend sei zudem, dass sexueller Missbrauch immer an der katholischen Kirche festgemacht werde. "Familien sind große Tatorte, die deutlicher öffentlich benannt werden müssen. Dazu wird geschwiegen", so die Betroffenen weiter.

Seit einigen Tagen sorgt ein Motivwagen für den Kölner Rosenmontagszug für Kontroversen. Er zeigt einen jungen Messdiener, der vor einem Beichtstuhl steht. Aus diesem reckt sich ein Arm eines Geistlichen, der ihn mit einem lockenden Finger und den Worten "Jesus liebt dich" hineinbittet.

"Motiv legt Finger in die Wunde"

Der Kritik nicht anschließen will sich der Priester und Missbrauchsbetroffene Wolfgang Rothe. Er sagte der KNA: "Dass das Thema Missbrauch im Rosenmontagszug thematisiert wird, begrüße ich ausdrücklich." Rothe ist Mitglied im Betroffenenbeirat bei der Deutschen Bischofskonferenz (DBK).

Bild: ©Festkomitee Kölner Karneval

Der Persiflage-Wagen zum Rosenmontagszug 2025.

Motiv und Schriftzug hält er für gelungen: "Das konkrete Motiv legt den Finger trefflich in die Wunde. Es macht deutlich, dass es im Vorfeld von sexuellem Missbrauch sehr oft zu spirituellem Missbrauch kommt." Unter dem Deckmantel von Glauben und Frömmigkeit würden Menschen eingeschüchtert und in Abhängigkeit gebracht, so Rothe weiter: "Das dadurch entstehende Vertrauen, das mit enormer Verletzlichkeit einhergeht, wurde ohne Scham und Skrupel ausgenutzt." Dieser Zusammenhang zwischen spirituellem und sexuellem Missbrauch werde in der Öffentlichkeit wenig thematisiert.

Kritik aus Kirche und Politik

In den vergangenen Tagen hatten Vertreter aus Kirche und Politik den Wagen als Grenzüberschreitung kritisiert. Das Motiv prangere nicht einzelne Täter oder die Kirche an, sondern erwecke den Eindruck, dass Jesus selbst im Beichtstuhl sitze. Trotz anhaltender Kritik soll der Wagen aber im Kölner Rosenmontagszug mitfahren: "Wir sind auch gläubige Menschen. Wir wollen Jesus nicht verunglimpfen", sagte ein Sprecher des Festkomitees Kölner Karneval der KNA.

Auch Zugleiter Marc Michelske verteidigte den Wagen. "Jesus liebt dich" sei eine wunderschöne Botschaft. Leider seien die Worte aber von Missbrauchstätern ausgenutzt worden. Genau dies hätten ihm auch Missbrauchsbetroffene nach der Vorstellung des Wagenentwurfs bestätigt. (KNA)