Mit-Vater der EU: Politiker De Gasperi auf dem Weg zur Seligsprechung
Der italienische Christdemokrat Alcide De Gasperi (1881-1954) ist auf dem Weg zur Seligsprechung. Die erste vorgeschriebene Phase des langen Prozesses wurde am Freitag in Rom feierlich abgeschlossen, wie das Vikariat Rom mitteilte. Bei der Sitzung im Lateranpalast, dem römischen Bischofssitz des Papstes, würdigte Kardinal Baldassare Reina Italiens langjährigen Ministerpräsidenten als Vorbild für die heutige Politik.
Für De Gasperi sei Politik Dienst gewesen und nicht die Suche nach persönlichem Vorteil. Die von ihm verfolgten Ziele von Gerechtigkeit, Gemeinwohl und europäischer Einigung seien weiter aktuell, sagte Reina. Er leitet als sogenannter Kardinalvikar das Bistum Rom im Auftrag von Papst Franziskus, dem Bischof.
De Gasperi war in den ersten Jahren der Italienischen Republik nach dem Zweiten Weltkrieg Ministerpräsident. Der aus der Region Trentino stammende Katholik war zunächst Bürger von Österreich-Ungarn und als junger Mann Abgeordneter im Wiener Parlament, wo er sich für eine kulturelle Autonomie des Trentino einsetzte.
Seligsprechungsprozess 1993 eröffnet
Als er unter Mussolini verfolgt wurde, fand De Gasperi von 1929 bis Kriegsende Unterschlupf als Angestellter der Vatikanischen Bibliothek, von wo er die Gründung der italienischen Christdemokraten vorbereitete. Sie traten nach dem Krieg an die Stelle der katholischen Partei Partito Popolare und wurden die stärkste politische Kraft im demokratischen Italien.
Als Ministerpräsident setzte De Gasperi die Westbindung Italiens in der Nato durch und bereitete mit Konrad Adenauer und Robert Schuman die Gründung der Montanunion vor, aus der sich später die Vorläufer der heutigen EU entwickelten.
De Gasperi galt als frommer Katholik. Der jetzt an seinem langjährige Wirkungsort Rom abgeschlossene Teil des Seligsprechungsprozesses wurde 1993 in seinem heimatlichen Erzbistum Trient eröffnet. Über die weiteren Schritte des Verfahrens entscheidet die Vatikanbehörde für Selig- und Heiligsprechungen. Unter anderem wird dafür die Anerkennung eines Wunders erforderlich sein, das auf Fürsprache De Gasperis eingetreten ist. (KNA)