Kirchenrechtler: Heiliger Stuhl ist nach Gemelli umgezogen
Der italienische Kirchenrechtler Pierluigi Consorti sieht im Aufenthalt von Franziskus im Krankenhaus kein Hindernis für die Ausübung seiner Amtsgeschäfte. "Der Heilige Stuhl ist nach Gemelli umgezogen", sagte Consorti der Zeitung "La Repubblica" (Dienstag). "Der Papst kann im Krankenhaus, im Vatikan, im Gastel Gandolfo oder sogar anderswo bleiben", erläuterte der Kanonist der Universität Pisa. "Selbst ein zwanzigjähriger Krankenhausaufenthalt stellt an sich kein Hindernis für die Leitung der Kirche dar."
Die Vorgänger von Franziskus als Papst hätten in der Vergangenheit einen Bischof als Sekretär gewählt, an den sie mit zunehmendem Alter immer mehr Macht und Aufgaben abgeben konnten, so Consorti. Franziskus dagegen "zentralisierte die Entscheidungen in seinen eigenen Händen".
Wichtigste Entscheidungsbefugnisse auf Papst konzentriert
Ähnlich äußerte sich auch der Kirchenhistoriker Daniele Menozzi gegenüber "La Repubblica": "Franziskus ist ein Papst, der einen Reformkurs verfolgt, der der Kurie harte Schläge versetzt hat und der sich gegen alle Widerstände durchsetzt." Franziskus habe die wichtigsten Entscheidungsbefugnisse auf sich selbst konzentriert. "In einer monarchischen Regierung, wie der der Kirche, liegt es immer am Papst, ob und wie er delegieren will." Franziskus sehe die Umwandlung der Kirche in eine synodale Kirche noch nicht als erfüllt an. Solange der Papst davon überzeugt sei, dass er selbst bei klarem Verstand sei, werde er es vorziehen, Aufgaben zu delegieren, statt zurückzutreten, ist Menozzi überzeugt.
Der Kirchenrechtler Davide Cito von der Päpstlichen Universität vom Heiligen Kreuz betonte gegenüber der Zeitung, dass der Papst praktisch alles delegieren könne, was nicht dem Petrusamt im eigentlichen Sinn entspreche. So könne nur ein Papst ein Glaubensdogma verkünden. Andere Aufgaben könnten auch von Mitarbeitenden wahrgenommen werden.
Papst Franziskus wurde am 14. Februar mit einer schweren Bronchitis ins Krankenhaus eingeliefert. Später wurden mehrere Erreger in den Bronchien festgestellt. Dann kam eine beidseitige Lungenentzündung hinzu, ein zwischenzeitlich beobachtetes beginnendes Nierenversagen ging inzwischen wieder zurück. Während seines Krankenhausaufenthalts hat der Papst mehrere schwere Atmungskrisen erlebt, arbeitet aber regulär weiter. So wurden mehrere Bischöfe und Weihbischöfe ernannt, Grußbotschaften versendet und die Leitung des Vatikanstaates reformiert. (cbr)