Kirche soll versöhnen und nicht militärische Rüstung legitimieren
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Im Pressebericht der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz war es der letzte Punkt: "Polnisch-Deutsches Gedenken im Jahr 2025". Er war nicht Gegenstand der Beratungen.
Die polnischen Bischöfe hatten am 18. November 1965 aus Anlass der 1.000-Jahr Feier der Taufe Polens einen aufsehenerregenden Brief an die deutschen Amtsbrüder gerichtet, in dem sie Vergebung gewährten und um Versöhnung baten. Zur historischen Wahrheit gehört, dass die deutschen Bischöfe mit Rücksicht auf die Vertriebenen zögernd und wenig angemessen reagiert haben.
Der von Walter Dirks und Eugen Kogon 1966 gegründete Bensberger Kreis war seinerzeit mutiger. Er forderte in seinem "Memorandum deutscher Katholiken zu den polnisch-deutschen Fragen" unter anderem die Anerkennung der Oder–Neiße-Linie als Grenze zwischen Deutschland und Polen. Zu den Unterzeichnern gehörte Joseph Ratzinger.
Im Moskauer Vertrag vom 12. August 1970 und dann im Warschauer Vertrag vom 7. Dezember 1970 sind die nach dem Zweiten Weltkrieg im Potsdamer Abkommen festgelegten Grenzen als unverletzlich anerkannt worden. Diese Anerkennung sowie die gleichzeitige Verpflichtung zum Gewaltverzicht haben nicht unwesentlich dazu beigetragen, dass die Revolutionen von 1989/90 in Europa friedlich verlaufen sind. In Deutschland aufkeimende territoriale Ansprüche wurden politisch zurückgewiesen, der Frieden gesichert.
Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine zeigt, dass territoriale Ansprüche und der Einsatz militärischer Gewalt Hand in Hand gehen. Frieden lässt sich nur mit dem Verzicht auf territoriale Ansprüche, der Anerkennung der Unverletzlichkeit der Grenzen und der Verpflichtung zum Gewaltverzicht erreichen. Militärische Aufrüstung garantiert keinen Frieden. Wenn Militärbischof Franz-Josef Overbeck die Bereitstellung von Finanzmitteln zur Aufrüstung legitimiert, sollte er sich zugleich für Gelder zur Finanzierung von Versöhnungsarbeit einsetzen.
Die polnischen Bischöfe haben die deutschen vor 60 Jahren gelehrt, dass Versöhnung zur Kernkompetenz der Kirchen gehört und nicht die Legitimation militärischer Rüstung. Von Versöhnung profitieren alle, vom Krieg nur wenige.
Der Autor
Michael Böhnke ist emeritierter Professor für systematische Theologie an der Bergischen Universität Wuppertal. Außerdem ist er Ethik-Beauftragter des Deutschen Leichtathletikverbands.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.