Diözese müsse für Taten eines ehemaligen Priesters haften

Gericht: Bistum Essen muss Schmerzensgeld wegen Missbrauch zahlen

Veröffentlicht am 04.04.2025 um 13:52 Uhr – Lesedauer: 4 MINUTEN

Essen ‐ Er fordert 300.000 Euro Schmerzensgeld: Im Prozess eines Missbrauchsbetroffenen gegen das Bistum Essen hat ein Gericht dessen Schilderungen für plausibel erklärt. Doch das Urteil ist noch nicht gesprochen.

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Eine Schmerzensgeldklage des Missbrauchsbetroffenen Wilfried Fesselmann gegen das Bistum Essen hat Aussicht auf Erfolg. In einer Verhandlung am Freitag vor dem Landgericht Essen erklärte der Vorsitzende Richter, das Bistum müsse für die Taten eines ehemaligen Priesters haften, der Fesselmann in den 1970er-Jahren missbraucht hatte. Bereits geleistete freiwillige kirchliche Zahlungen von 45.000 Euro seien nicht ausreichend. Fesselmann fordert mindestens 300.000 Euro vom Bistum.

Das Gericht will nun laut dem Richter ein angemessenes Schmerzensgeld festlegen. Am 25. April will es entweder ein Urteil sprechen oder die weitere Verfahrensweise erläutern.

Täter entschuldigt sich

Fesselmann wurde vom ehemaligen Pfarrer H. missbraucht, dessen Fall bundesweit für Aufsehen sorgt und der bereits strafrechtlich verurteilt wurde. Laut Fesselmann hat der frühere Geistliche ihn im Alter von elf Jahren zu einer Übernachtung in seine Wohnung eingeladen und ihn dort mit Alkohol gefügig gemacht. Später sei es zum Oralverkehr gekommen.

Der Täter, der in Essen als Zeuge vorgeladen war, gab zu, sich und den Jungen entkleidet und ihn im Schritt berührt zu haben. An weitere Handlungen könne er sich nicht erinnern. H. entschuldigte sich im Gerichtssaal bei Fesselmann für sein Verhalten und die psychischen Spätfolgen, die sein Opfer erlitten habe.

Weitere Klage gegen Erzbistum München

Insgesamt verging sich der frühere Geistliche an mindestens vier Orten in Nordrhein-Westfalen und Oberbayern an Minderjährigen. Nach mehrfachen Vorwürfen war er 1980 aus dem Bistum Essen in das Erzbistum München und Freising versetzt worden – nach seiner eigenen Aussage mit der Maßgabe, sich einer Therapie zu unterziehen. Damals war Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., Erzbischof in München. Trotz gerichtlicher Verurteilung und eines Gutachtens, das vor der Arbeit mit Kindern warnte, wurde er erneut mit der Gemeindeseelsorge beauftragt. Erst 2010 wurde H. von dieser Tätigkeit abberufen. Er darf seinem Beruf nicht mehr nachgehen und sich nicht mehr Pfarrer nennen.

Seit 2020 lebt H. wieder im Bistum Essen. Im Fall ist eine weitere Schmerzensgeldklage vor dem Landgericht Traunstein gegen das Erzbistum München und Freising anhängig. (KNA)