Osterräderlauf, Osterreiten und Palmsonntagsprozession

Diese Bräuche schützt die Unesco rund um Ostern

Veröffentlicht am 13.04.2025 um 12:00 Uhr – Von Christoph Brüwer – Lesedauer: 7 MINUTEN

Bonn ‐ Ob Hip-Hop-Kultur, Kunsthandwerk oder Glockenguss: Die Unesco-Liste mit immateriellem Kulturerbe in Deutschland ist lang und vielfältig. Darin finden sich auch Traditionen und Bräuche, die mit der Kirche und Ostern zu tun haben und mehr oder weniger bekannt sind. Katholisch.de stellt sie vor.

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Die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Unesco) hat es sich zur Aufgabe gemacht, weltweit herausragende Gebäude oder Naturlandschaften zu schützen. Den Unesco-Welterbetitel haben beispielsweise die Kathedralen in Aachen, Köln, Hildesheim und Speyer oder die Wallfahrtskirche "Die Wies" im Bistum Augsburg bekommen. Doch nicht nur solche Baudenkmäler hält die Unesco für schützenswert: Seit 2003 listet die Organisation auch überliefertes Wissen, Können und Brauchtum als Immaterielles Kulturerbe auf. Seit 2013 gibt es auch hierfür ein bundesweites Verzeichnis. Es zeigt exemplarisch, welche lebendigen kulturellen Traditionen und Ausdrucksformen in Deutschland praktiziert und weitergegeben werden. In der Liste sind dabei auch Eintragungen mit Osterbezug zu finden. Katholisch.de stellt sie vor.

Gläubige tragen bei der Palmsonntagsprozession in Heiligenstadt die Darstellung "Erniedrigung"
Bild: ©picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Swen Pförtner

"Erniedrigung" ist der Titel von einer der sechs Darstellungen, die Gläubige bei der Palmsonntagsprozession durch Heiligenstadt tragen.

Heiligenstädter Palmsonntagsprozession

Als katholische Gegend auf dem Gebiet der ehemaligen DDR ist das Eichsfeld bis heute eine Besonderheit. Das wird auch an lokalen Traditionen deutlich, die diese Zeit überdauert haben – beispielsweise die Palmsonntagsprozession im thüringischen Heiligenstadt. Bei diesem alljährlichen Umzug tragen in schwarze Anzüge mit Zylinder und weißen Handschuhen gekleidete Männer sechs überlebensgroße Figuren durch die Stadt, die an den Leidensweg Jesu erinnern.

Hergerichtet werden die Tragegestelle schon in der Woche vor Palmsonntag. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Pfarrgemeinde St. Marien befestigen dann die Figuren und legen ihnen Gewänder an. Die sogenannten Bildführer kümmern sich um die Vorbereitung und die Organisation der Prozession. Dieses Ehrenamt wird genau wie das der Träger von Generation zu Generation meist innerhalb der Familie weitergegeben.

Die Palmsonntagsprozession selbst hat dabei eine lange Geschichte. Laut Angaben der Stadt sollen die Ursprünge bis ins Mittelalter zurückreichen. Die Jesuiten bauten das Brauchtum dann im 16. Jahrhundert weiter aus. 2016 wurde die Prozession in das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes der Unesco aufgenommen. "Sie ist in ihrer Existenz einmalig in Mittel- und Norddeutschland; auch ihr Termin und ihre Ausgestaltung als Szenenprozession können als einzigartig gewertet werden", heißt es auf der Website der Stadt. Bis heute ist die Ordnung, in der die Figuren durch Heiligenstadt getragen werden, genau festgelegt. Die Prozession wird von zahlreichen Gläubigen begleitet, die Lieder über den Tod und die Auferstehung Jesu singen.

Auch wenn die Prozession selbst nur einmal im Jahr durch die Stadt zieht, lässt sich ein Teil des Brauchtums das ganze Jahr lang erleben: Zwei der Figuren werden dauerhaft im Heiligenstädter Eichsfeldmuseum ausgestellt.

Ein brennendes Osterrad hat beim traditionellen "Osterräderlauf" eine Feuerspur auf dem Osterberg hinterlassen.
Bild: ©KNA/Elisabeth Schomaker

Auf ihrem Weg den Osterberg hinab hinterlassen die brennenden Osterräder mitunter eine Feuerspur. Der Brauch hat vermutlich einen germanischen Ursprung.

Osterräderlauf in Lügde

Wie identitätsprägend der traditionelle Osterräderlauf für die nordrhein-westfälische Kleinstadt Lügde ist, wird schon am Ortseingang deutlich: "Stadt der Osterräder" steht dort auf den gelben Schildern. Diesen amtlichen Namenszusatz trägt Lügde laut der städtischen Internetseite seit 2012. Seit 2018 wird der Brauch auch von der Unesco als Immaterielles Kulturerbe geschützt.

Auch wenn der Osterräderlauf selbst am Ostersonntag stattfindet, braucht es einige Tage Vorbereitung. Das Stroh, mit dem die Eichenräder ausgestopft werden, stammt von einer eigens angebauten Roggensorte mit besonders langen Halmen, die mit historischen Maschinen geerntet wird. Um das Holz der Räder zu schützen, werden diese fünf Tage lang im nahegelegenen Fluss Emmer mit Wasser getränkt. Erst am Karsamstag werden sie wieder aus dem Fluss geholt.

Am Ostersonntag werden die Räder dann auf pferdebespannten Wagen bei einem Umzug der Stadtgemeinschaft präsentiert und auf den außerhalb der Ortschaft gelegenen Osterberg transportiert. Dort werden die Räder gestopft und für den Räderlauf vorbereitet. Die abgeschlossene Vorbereitung eines Rades wird mit Kanonenschüssen begrüßt.

Das eigentliche Spektakel beginnt nach Anbruch der Dunkelheit. Dann werden die Räder eines nach dem anderen in Brand gesetzt und den Berg hinabgerollt. Erreicht ein Rad die Auslaufzone am Fuß des Berges, wird das mit einem Tusch und lauten Rufen der Zuschauer honoriert. Ein Feuerwerk bildet den Abschluss der auch über die Stadt Lügde hinaus bekannten Veranstaltung. Einen christlichen Hintergrund hat das Brauchtum allerdings nicht. Es lässt sich laut Unesco vermutlich auf einen germanischen Ursprung zurückführen.

Prozession zu Pferde am frühen Ostersonntagmorgen
Bild: ©KNA/Jannis Chavakis

Auf ihrem Weg in die benachbarten Pfarreien haben die sorbischen Osterreiter auch die Botschaft von der Auferstehung Jesu Christi im Gepäck.

Gesellschaftliche Bräuche und Feste der Lausitzer Sorben

Rund 60.000 Menschen zählen sich heute zu den Sorben. Sie leben als ethnische Minderheit zwischen dem Süden Brandenburgs und dem Osten Sachsens. Ein Teil von ihnen spricht heute noch eine der beiden sorbischen Sprachen Ober- oder Niedersorbisch. Doch nicht nur durch ihre eigene Sprache zeichnen die Sorben sich aus, sondern auch durch ihre eigene Volkskultur.

Die Unesco führt daher seit 2014 30 Bräuche im Jahreslauf auf, die von den Sorben aktiv gepflegt werden und wichtige Merkmale der eigenen Identität sind. Da ein Großteil dieser Volksgruppe katholisch oder evangelisch ist, stehen einige dieser Bräuche auch mit dem Kirchenjahr in Verbindung. Bekannt ist hier vor allem das Osterreiten der katholischen Sorben.

Seinen Ursprung hat das Osterreiten bereits in vorchristlicher Zeit. Damals wurde im Frühjahr zu Fuß oder zu Pferd ein magischer Kreis um die Felder gezogen, um die Saat vor dem Bösen zu bewahren. Aus diesem Ritus entwickelte sich dann im Laufe der Jahrhunderte eine christliche Prozession. Heute treffen sich bis zu 1.000 Osterreiter am Ostersonntag an den acht katholischen Pfarrkirchen und dem Kloster St. Marienstern. Mit dem Segen des Pfarrers reiten die Männer dann unter Glockengeläut dreimal um die Kirche und machen sich dann auf den Weg in die Nachbargemeinden. Ihr Ziel: die Botschaft von der Auferstehung Christi verkünden.

Gekleidet sind die Reiter dabei in Gehrock und Zylinder. Die Pferde tragen edles Zaumzeug, Blumenranken und bestickte Schleifen in den sorbischen Farben weiß, rot und blau. Auf ihrem Weg tragen die Reiter außerdem Kirchenfahnen, ein Kruzifix und eine Statue des auferstandenen Jesus mit sich. Am Zielort angekommen, werden sie dann vom dortigen Geistlichen begrüßt. Die Männer erhalten Speis und Trank und besuchen eine Andacht.

Mehrere Reiter beim Georgiritt im bayerischen Traunstein
Bild: ©picture alliance/dpa | Uwe Lein

"Das jährliche Großereignis am Ostermontag ist eine Mischung aus farbenfrohen Historienspiel, lebendigem Brauchtum und Bekenntnis zum christlichen Glauben", schreibt die Stadt Traunstein zum traditionellen Georgiritt.

Georgiritt und historischer Schwerttanz in Traunstein

Aber nicht nur im Osten Deutschlands wird zu Ostern geritten. Über 400 festlich geschmückte Reitpferde und Gespanne aus den umliegenden Gemeinden nehmen jedes Jahr am sogenannten Georgiritt im bayerischen Traunstein teil. Mit der Prozession an Ostermontag soll der heilige Georg geehrt werden.

Urkundlich wurde der Ritt 1762 zum ersten Mal erwähnt. Seine Ursprünge liegen aber vermutlich in einem heidnischen mittelalterlichen Brauch. Im 19. Jahrhundert wurde der Georgiritt mit einem historischen Schwerttanz ergänzt, der den Sieg des Frühlings über den Winter verkörpern soll. Die Wurzeln dieses Brauchs gehen auf das Jahr 1530 zurück. Der Traunsteiner Georgiritt und Schwerttanz wurden 2016 in das Bundesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes der Unesco aufgenommen.

Die Prozession führt die festlich geschmückten Pferde und Kutschen, die historischen Gruppen und Musikkapellen, in einem langen Festzug vom Traunsteiner Stadtplatz einen Hügel hinauf zur Ettendorfer Kirche St. Vitus und Anna. Dort werden die Teilnehmenden des Umzugs gesegnet. Die Prozession verbindet damit ganz unterschiedliche Elemente. Die Stadt Traunstein formuliert es auf der eigenen Internetseite so: "Das jährliche Großereignis am Ostermontag ist eine Mischung aus farbenfrohen Historienspiel, lebendigem Brauchtum und Bekenntnis zum christlichen Glauben."

Von Christoph Brüwer