Geplante Berliner Kathedralsanierung weiter kontrovers

"Schlicht und ergreifend scheußlich"

Veröffentlicht am 06.09.2015 um 17:55 Uhr – Von Gregor Krumpholz (KNA)  – Lesedauer: 
"Schlicht und ergreifend scheußlich"
Bild: © KNA
Architektur

Berlin ‐ Es wird eine der ersten Baustellen für den neuen Berliner Erzbischof Koch: Im Streit um den Umbau der Sankt-Hedwigs-Kathedrale ist keine Einigung in Sicht. Nun wenden sich die Gegner des geplanten Entwurfs mit einem Aufruf an alle Gemeinden des Erzbistums.

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Umstritten ist vor allem der Plan, die vom Architekten Hans Schwippert (1899-1973) um 1960 angelegte Bodenöffnung mit Treppe zur Krypta zu schließen. Dafür soll ein neuer Altar ins Zentrum des Rundbaus rücken und von Stuhlreihen umgeben werden. Dies sieht der Entwurf des Fuldaer Architektenbüros Sichau und Walter sowie des Künstlers Leo Zogmayer vor. Bei einem Wettbewerb, den der damalige Berliner Kardinal Rainer Maria Woelki ausgelobt hatte, belegte er 2014 den ersten Platz.

"Ein Stuhlkreis um einen kleinen Altar"

In dem RBB-Beitrag bezeichnete Jörg-Michael Susa von den "Freunden der St. Hedwigs-Kathedrale" die Bischofskirche - "so wie sie jetzt steht" - indes als weltweit einmalig und historisch sowie als nationales Kulturerbe. Den vorliegenden Umbauentwurf nannte er "schlicht und ergreifend scheußlich". Es genüge, "wenn man die Kirche innendrin von rund 50 oder 60 Jahren Kerzenruß befreit".

Innenraum der Hedwigskathedrale, aufgenommen während eines Gottesdienstes
Bild: ©dpa/Kay Nietfeld

Außergewöhnlicher Innenraum: Die Hedwigskathedrale in Berlin.

Auch der frühere Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Hans Joachim Meyer, äußerte sich kritisch zu dem Konzept: "Zugespitzt gesagt, ist das ein Stuhlkreis um einen relativ kleinen Altar. Ich kann mir nicht vorstellen, wie dort ein Gottesdienst vor vielen Menschen zelebriert werden kann, die alle zusammen mit dem Altar gleichsam auf einer Ebene sind." Meyer, von 1990 bis 2002 auch Sächsischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, gehört ebenfalls zu dem guten Dutzend Katholiken aus dem Erzbistum Berlin, dies sich bei den "Freunden der St. Hedwigs-Kathedrale" besonders engagieren.

In einem zweiseitigen "Aufruf zum Erhalt der Innengestaltung der St. Hedwigs-Kathedrale zu Berlin" wenden sie sich derzeit auch per E-Mail an die 105 Kirchengemeinden des Erzbistums in Berlin, Brandenburg und Vorpommern. Darin plädieren sie unter anderem dafür, dass die Kirchenbänke, die derzeit wegen des Standorts von Chor und Orchester in zwei Bereiche geteilt sind, "wieder wie ursprünglich halbrund angeordnet werden". Es sei "möglich, neuere liturgische Entwicklungen in das Konzept Hans Schwipperts einzufügen", so lange allerdings die Bodenöffnung erhalten bleibe.

Bild: ©Walter Wetzler

Der Siegerentwurf für die Neugestaltung des Innenraums der Hedwigkathedrale.

Dompropst Rother warb dagegen für eine grundsätzliche Umgestaltung. Er beklagte eine "Spaltung der Gemeinde" durch die Bodenöffnung, die manche auch als "Loch" bezeichnen. "Auch wenn sie die Bänke etwas anders stellen, bleibt immer diese große Öffnung", betonte Rother. Zugleich wandte er sich gegen den Vorwurf, mit Blick auf die Umgestaltung stehe schon alles fest. Die Architekten hätten einen Vorschlag gemacht und zugleich ihre Bereitschaft bekundet, "in den Gesprächen mit den Leuten zu sehen, was daraus wird". Wörtlich fügte der Dompropst hinzu: "In dieser Phase sind wir."

Künftiger Erzbischof Koch hält sich zurück

Vor seinem Amtsantritt am 19. September will Erzbischof Heiner Koch zu dem Projekt nicht konkret Stellung beziehen und zunächst beide Seiten hören. Er mahnt jedoch bereits zu Toleranz und Kompromissbereitschaft. Entscheidungen solcher Art könnten in der Regel nicht zu 100 Prozent für die eine oder andere Seite ausfallen, gab der frühere Bischof von Dresden-Meißen zu bedenken. Es seien dann "suboptimale Entscheidungen", sagte Koch: "Wir müssen vorher daran arbeiten, dass jeder dann auch sagt: Das trage ich mit, auch wenn ich vielleicht einen anderen Akzent gesetzt hätte." Durch eine solche Einstellung müsse sich eine christliche Gemeinde auszeichnen.

Von Gregor Krumpholz (KNA)