Papst-Aussagen, Synodaler Weg, KMU: Die Bischöfe treffen sich in Fulda

Lange war erwartet worden, wie sich Papst Leo XIV., der sich seit seiner Wahl im Mai zurückhaltend zeigte, zu den kontroversen Diskussionsthemen in der Kirche positioniert. Wenige Tage vor der Herbstvollversammlung der deutschen Bischöfe wurden Aussagen aus seinem ersten großen Interview veröffentlicht, die deutliche Hinweise geben, welchen Kurs er einschlagen wird. Leo lehnt Ritus-artige Segensfeiern für "Paare, die sich lieben" (nicht aber Segnungen gemäß "Fiducia supplicans") ab, warnt im Blick auf das Thema LGBTQ vor weiterer Polarisierung in der Kirche und sieht derzeit keine Veranlassung, das Diakonat für Frauen zu öffnen (er ist aber offen für eine weitere Vertiefung dieses Themas).
Nach seinen Äußerungen zu urteilen, scheint Leo XIV. im Großen und Ganzen auf der Linie seines Vorgängers Franziskus zu liegen: Alle sind in der Kirche willkommen, und er wird weiterhin Frauen in wichtige Positionen befördern. Und auch wenn er die Debatten nicht abwürgen will und viele Themen durch das Abschlussdokument der Weltsynode weiter auf dem Tisch liegen: Änderungen der Lehre sind unter ihm nicht zu erwarten. Manche konkreten Reformanliegen, die für den deutschen Prozess wichtig sind, scheint auch der neue Papst skeptisch oder als nicht vorrangig zu betrachten. Mit diesem Befund und seinen möglichen Folgen werden sich die Bischöfe von diesem Montag an in Fulda, wo sie laut Ankündigung den Fortgang des Synodalen Weges der Kirche in Deutschland beraten werden, vermutlich auseinandersetzen.
Hoffnung auf Kompromisse?
Stellt das die Beziehung zwischen dem neuen Papst und der Kirche in Deutschland von vornherein auf eine harte Probe? In der Bischofskonferenz und im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) ging man nach den bisherigen Erfahrungen mit Leo XIV./Kardinal Robert Prevost davon aus, dass er dem Synodalen Weg, wenn auch sicherlich nicht gänzlich begrüßend, nicht schroff ablehnend gegenübersteht. Manche hofften bislang, dass er in Reformfragen Kompromisse unterstützt, die den deutschen Beitrag ernstnehmen. Ob er das tatsächlich in manchen Fällen tut, wird sich zeigen.
Dabei rumort es auch im Reformprozess selbst. Bei seiner nächsten Sitzung Ende November will der Synodale Ausschuss über die Satzung des geplanten Synodalen Gremiums auf Bundesebene abstimmen. Angedacht ist, dass in diesem Gremium Bischöfe, Priester und Laien über zentrale Zukunftsfragen in der Kirche in Deutschland gemeinsam beraten und entscheiden sollen. Das sorgte für einen großen Konflikt zwischen den deutschen Bischöfen mit dem Vatikan, den man allerdings mit Kompromissformulierungen (wohl auf Initiative von Kardinal Prevost) und der Garantie, dass alles, was in dieser Sache entschieden wird, dem Vatikan zur Prüfung vorgelegt wird, entschärfen konnte.
Anfang September empfing Papst Leo XIV. den DBK-Vorsitzenden, Bischof Georg Bätzing, in Audienz. Nach ihm besuchten auch andere deutsche Oberhirten den Pontifex.
Zuletzt hört man jedoch von nicht-bischöflichen Mitgliedern des Ausschusses, dass manche Bischöfe nochmal die Frage des gemeinsamen Entscheidens aufwarfen. Es besteht also die Sorge, dass aus dem Synodalen Gremium doch nur eine bessere Beratungsinstanz wird. Die Osnabrücker Theologin Margit Eckholt wies kürzlich daraufhin, dass das Abschlussdokument der Weltsynode dazu aufrufe, geeignete Wege zu finden, um "authentische synodale Entscheidungsprozesse" umzusetzen. Sie sprach von einem krisenhaften Punkt, an dem sich der Synodale Weg befinde.
Deutlich kritischer äußerte sich die ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp, und zwar gleich zur gesamten Rezeption des Synodalen Wegs in den Bistümern. "Ich finde es sehr ernüchternd, wie manche deutschen Bischöfe sich zurzeit verhalten", sagte sie in einem Interview. Viele Beschlüsse des Reformprozesses hätten längst umgesetzt werden können. Genau das will übrigens die 6. Vollversammlung des Synodalen Wegs, die im Januar 2026 stattfinden wird, evaluieren.
Platz der Kirche in säkularer Gesellschaft
In Sachen Synodaler Weg gibt es also erneut einiges zu klären bei der Fuldaer Vollversammlung. Doch es gibt auch noch andere Baustellen, mit denen sich die Bischöfe auseinandersetzen. Großen Raum soll erneut eine vertiefte Auseinandersetzung mit der 2023 veröffentlichen 6. Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU) bekommen. Deren Ergebnisse machen der Kirche hierzulande einmal mehr deutlich, vor welcher Zukunft sie steht: Die Studie sagte einen weiteren dramatischen Mitgliederverlust voraus. In Fulda soll es darum gehen, wie angesichts dieser Prognose Kirche in der säkularen Gesellschaft noch präsent sein und pastoral handeln kann.
Eingeladen haben die Bischöfe dazu unter anderem den Pastoraltheologen Jan Loffeld, der wissenschaftlicher Beirat der Studie war. Er betont, dass sich die Kirche angesichts ihrer zunehmenden Minderheitsposition fragen muss, mit welcher Haltung sie auf die Gesellschaft zugeht. Eine Kirche in der Minderheit wird laut Loffeld gut abwägen müssen, was sie aufgrund welcher theologischen Kriterien wie tue.
Wie kann die Kirche angesichts der KMU-Prognose in der säkularen Gesellschaft noch präsent sein und pastoral handeln?
Erneut wird es auch um den Stand bei der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der Kirche gehen. Aktuell prägen vor allem die von Missbrauchsopfern angestrengten Gerichtsverfahren mit hohen Schmerzensgeldforderungen das öffentliche Bild. Die Betroffeneninitiative "Eckiger Tisch" legte außerdem zuletzt Vorschläge vor, wie aus ihrer Sicht das Verfahren der katholischen Kirche zur Zahlung von Anerkennungsleistungen für Betroffene von sexuellem Missbrauch verbessert werden könnte. Die Bischofskonferenz hat bislang jedoch keine Veranlassung gesehen, an dem grundsätzlichen Verfahren etwas zu ändern.
Auch die (welt-)politischen Fragen der Zeit gehen nicht an den deutschen Bischöfen vorbei. So wollen die Bischöfe zehn Jahre nach dem "Flüchtlingssommer" 2015 und Angela Merkels historischem Satz "Wir schaffen das" noch einmal zurückschauen, was kirchliche Akteure und Institutionen geleistet haben und wo nach wie vor Probleme liegen.
Debatte um Wehrdienst
Nach wie vor fliehen zigtausende Menschen gerade wegen Kriegen aus ihrer Heimat. Im internationalen Fokus stehen nach wie vor der Gaza-Streifen und die Ukraine. Auch über die Lage dort wollen die Bischöfe sprechen. Einige von ihnen haben zuletzt die Krisenherde besucht und können aus erster Hand berichten. In diesem Zusammenhang soll es bei der Vollversammlung auch um die Sicherheitslage in Deutschland und Europa angesichts der Bedrohung durch Russland gehen. Es wird erwartet, dass sich die Bischofskonferenz in die Debatte um einen neuen Wehrdienst einschaltet.
Papst Leo hat in den ersten Monaten seiner Amtszeit mehrfach betont, dass die Kirche ein leuchtendes, beispielgebendes Zeichen in einer verwundeten Welt sein soll. Auch in Fulda dürfte deutlich werden: Die Debatten, welche Reformen es dafür an der einen oder anderen Stelle in der Kirche braucht, werden nicht abebben. Selbst wenn der Papst fürs erste andere Schwerpunkte setzt.