Debatte um Trennung nach Religionen hält an
"Wenn Menschen in den Unterkünften wegen ihrer religiösen Zugehörigkeit oder sexuellen Identität zu Opfern werden, dann kann vorübergehend eine getrennte Unterbringung mehr Sicherheit schaffen", sagte Volker Beck, Innenexperte der Grünen-Bundestagsfraktion, der "Welt" am Mittwoch. "Das darf aber nur eine Notlösung sein."
Der Zentralrat Orientalischer Christen in Deutschland (ZOCD) hat sich ebenfalls für eine Trennung nach Religionszugehörigkeit ausgesprochen. Die sich häufenden Konflikte in Unterkünften träten nicht nur zwischen Christen und radikalen Muslimen auf, heißt es in einer am Mittwoch in München verbreiteten Mitteilung des ZOCD. Betroffen seien auch Schiiten und Sunniten, Jesiden und Extremisten. Mit einer Trennung könnten Minderheiten besser geschützt werden.
CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt bezeichnete die Vorschläge als den "falschen Weg". Die Werte Deutschlands und ein tolerantes Zusammenleben könnten in getrennten Unterkünften nicht vermittelt werden, sagte sie der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Es sei nicht akzeptabel, gewalttätig aufeinander loszugehen, weil man unterschiedlicher Auffassung sei oder eine unterschiedliche Religion habe, so Hasselfeldt weiter. "Das darf es in Deutschland nicht geben."
Kirchenvertreter warnen vor falschen Signalen
Skepsis über die Vorschläge zur getrennten Unterbringung äußerten auch Vertreter der Kirchen. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, warnte vor pauschalen Lösungen. Ob eine solche Trennung sinnvoll sei, müssten Fachleute jeweils vor Ort entscheiden, sagte Marx am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur. Auch der evangelische Berliner Landesbischof Markus Dröge, der sich derzeit in Griechenland ein Bild von der Lage der dort eintreffenden Flüchtlinge macht, sagte der "Welt": "Aus einzelnen Übergriffen eine prinzipielle Trennung abzuleiten, halte ich für das falsche Signal." Wer Gewalt anwende, müsse konsequent in die Schranken gewiesen werden. "Wer in unsere Gesellschaft integriert werden soll, muss von Anfang an erkennen, dass er durch Provokation das friedliche Zusammenleben unserer Gesellschaft nicht in Frage stellen kann."
Vize-Kanzler Sigmar Gabriel (SPD) forderte von Asylsuchenden in Deutschland eine Übernahme geltender Regeln und Gesetze. "Deutschland ist kein beliebiges Land. Wer hierher kommt, muss wissen, wie die Kultur des Zusammenlebens bei uns ist", sagte er der "Bild"-Zeitung. Dazu müssten "die Menschen, die zu uns kommen", nicht nur die deutsche Sprache erlernen, "sondern auch die Spielregeln unseres Zusammenlebens kennen", forderte Gabriel. Um eine bessere Kenntnis von grundlegenden Gesetzen zu vermitteln, hat die SPD 10.000 Broschüren mit den ersten 20 Artikeln des Grundgesetzes auf Arabisch übersetzen lassen. Diese sollen nun in Flüchtlingsunterkünften und auch an Abgeordnete verteilt werden.
Gabriel bittet Einwanderer um Hilfe
Bereits seit längerem in Deutschland lebende Einwanderer oder Kinder von Einwanderern bat Gabriel um Unterstützung: "Wir brauchen jetzt ihre Hilfe. Sie sollen uns sagen, was wie früher falsch gemacht haben bei der Integration. Und sie können einen sehr großen Beitrag zur Vermittlung unserer gesellschaftlichen Prinzipien an die neu zu uns kommenden sein".
Angesichts wachsender Flüchtlingszahlen an der Grenze zu Österreich hatte am Dienstag Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) Alarm geschlagen. Die Lage sei aus dem Ruder gelaufen, sagte er. Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) erklärte, dass der faktische Druck sehr groß sei. "Es gibt kein Recht eines Flüchtlings, sein Asylverfahren dort durchführen zu lassen, wo er das möchte", sagte er im rbb-Inforadio. Laut einem Bericht der "Bild"-Zeitung erwägt das Bundesinnenministerium für weitere Grenzkontrollen eine Verkürzung der Ausbildungszeit für Bundespolizisten von 30 auf 18 Monate. Das gehe aus einem Schreiben des Bundespolizeihauptpersonalrats an Minister de Maiziere hervor. Maßgabe bei der Reform ist laut einer Ministeriumssprecherin, dass die Verkürzung "auf keinen Fall" zu Lasten der Ausbildungsqualität gehe.
Unterdessen forderte der Präsident des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), Rudolf Seiters, ehrenamtliche Flüchtlingshelfer mit der Freiwilligen Feuerwehr gleichzusetzen. Nach der derzeitigen Lage hätten sie im Unterschied zur Feuerwehr oder Technischem Hilfswerk keinen Anspruch auf Freistellung durch den Arbeitgeber. Um die materiellen Folgen für Helfer und ihre Arbeitgeber abzufedern, müssten sowohl die Freistellung als auch die Lohnfortzahlung gesichert werden, sagte Seiters der "Neuen Osnabrücker Zeitung". (kim/KNA)