Es wäre Zeit für einen afroamerikanischen Heiligen in der Kirche
HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
Am Sonntag ist die Schar der Heiligen, die die Kirche als Glaubensvorbilder ehrt, wieder gewachsen – und dabei erneut internationaler geworden. So hat nun auch Papua-Neuguinea "seinen" ersten Heiligen. Heiligsprechungen sind auch ein (kirchen-)politisches Zeichen und sollen bestimmte Ortskirchen oder Gruppen stärken. Erstaunlich ist es daher, dass es bei dabei immer noch einen auffälligen blinden Fleck gibt: afroamerikanische Katholiken.
Heilige aus Amerika gibt es. Aber tatsächlich fehlen darunter bis heute Afroamerikaner. Nicht einmal eine Seligsprechung gab es. Dabei leben in den USA inzwischen rund drei Millionen afroamerikanische Katholiken – in etwa die gleiche Anzahl an Katholiken wie in Papua-Neuguinea. Kandidaten gäbe es genügend. Eine Initiative macht sich seit Jahren für die "Saintly Six" stark: sechs Männer und Frauen, deren Seligsprechung ihrer Ansicht nach gerechtfertigt wäre. Bei manchen wurde der Kanonisierungsprozess schon eingeleitet – doch es läuft offenbar zäh.
Natürlich funktionieren Selig- und Heiligsprechungen nach einem geregelten Verfahren. Sie sind aber immer auch eine Frage der Anerkennung des gesellschaftlichen Kontextes. Daher handelt es sich hierbei angesichts des Leids, das schwarze Menschen in einem weltweit prägenden Land mit besonderem Sendungsbewusstsein über Jahrhunderte erdulden mussten, um ein verheerendes Signal. Denn die katholische Kirche hat in der Kolonialzeit keine ruhmreiche Rolle gespielt und selbst an Sklaven verdient – und sie sogar gehalten. Und selbst nach der Abschaffung der Sklaverei mussten afroamerikanische Katholiken ihren Glauben oftmals im Schatten von Diskriminierung, Gewalt und Ausschluss leben.
Gerade die jüngste Vergangenheit hat gezeigt, dass es für Heiligsprechungen mitunter eine starke Lobby in der Kirche braucht. Vielleicht schließt sich in diesem Fall ein Papst, der aus einer US-amerikanischen Stadt mit hohem Anteil an Afroamerikanern – rund 30 Prozent in Chicago – kommt, der Bewegung an. Womöglich kommen dann nicht nur die "Saintly Six" stärker ins Bewusstsein: Es könnte zugleich ein Anlass sein, generell potenzielle afrikanische oder afrikanischstämmige Heilige, von denen die Weltkirche bisher noch nichts oder nicht viel weiß, in den Blick zu rücken. Denn bei diesem Thema ist der blinde Fleck insgesamt noch immer sehr groß.
Der Autor
Matthias Altmann ist Redakteur bei katholisch.de.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.
