Feier des historischen Briefwechsels

Deutsche und polnische Bischöfe: Ukraine weiter unterstützen

Veröffentlicht am 18.11.2025 um 16:21 Uhr – Lesedauer: 

Breslau ‐ Nach den Verwüstungen des Zweiten Weltkriegs ebneten Bischöfe den Weg für eine Verständigung zwischen Deutschen und Polen. Bei der Gedenkfeier blickten sie jetzt auch mahnend auf den Krieg in der Ukraine.

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Die deutschen und polnischen Bischöfe haben an ihre Aussöhnung vor 60 Jahren erinnert und für eine weitere Unterstützung der Ukraine geworben. Angesichts des russischen Angriffskriegs müsse Europa gemeinsam der Gewalt entgegentreten, erklärten die Vorsitzenden der Deutschen und der Polnischen Bischofskonferenz, Georg Bätzing und Tadeusz Wojda, am Dienstag in Breslau (Wroclaw). "Wir ermutigen unsere Länder, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um das Überleben des ukrainischen Volkes in diesem Krieg zu sichern, sein Elend zu beenden und zur Verteidigung grundlegender Werte wie einem Leben in Freiheit und Würde beizutragen."

Anlass der gemeinsamen Erklärung war die Feier eines historischen Briefwechsels, der zur Versöhnung nach den NS-Verbrechen im Zweiten Weltkrieg und der Vertreibung der Deutschen beigetragen hatte. Am 18. November 1965 schrieben die polnischen Bischöfe an die deutschen: "Wir vergeben und bitten um Vergebung." Die deutschen Bischöfe baten in ihrer Antwort ihrerseits um Vergebung und schrieben: "Furchtbares ist von Deutschen und im Namen des deutschen Volkes dem polnischen Volk angetan worden."

Bischof Bätzing und Erzbischof Wojda warnten davor, hinter diesen Wendepunkt in der Geschichte beider Länder zurückzufallen: "Manche politische Akteure versuchen, das immer noch Schmerzende und das historisch Unabgegoltene politisch zu nutzen. Für uns ist klar: Politische Spiele mit den historischen Verletzungen widersprechen dem Geist der Versöhnung, wie er im Briefwechsel zum Ausdruck kam."

Debatte um Kriegsentschädigung

Polens neuer Präsident, der Nationalpopulist und EU-Skeptiker Karol Nawrocki, hatte zuletzt das Thema der Kriegsentschädigung wieder verschärft, das die Beziehung der Nachbarländer seit langem belastet. Ihm zufolge stehen Polen 1,3 Billionen Euro an Reparationszahlungen von Deutschland zu. Die beiden Bischofskonferenz-Vorsitzenden gingen darauf nicht direkt ein, mahnten aber: "Die Fragen nach dem Umgang mit der gewaltbelasteten Vergangenheit und der Anerkennung von Schuld sollten so diskutiert werden, dass Versöhnung wachsen kann und nicht Wunden neu aufgerissen werden."

Bild: ©dpa/Bernd von Jutrczenka (Archivbild)

Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte den historischen Briefwechsel.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte die Aussöhnung vor 60 Jahren. Auf Facebook schrieb er: "Dieser historische Briefwechsel war ein Akt des Mutes und der Menschlichkeit in einer Zeit, die von tiefen Narben und Spannungen geprägt war. Er steht für den Beginn eines Dialogs zwischen Polen und Deutschland, der bis heute als Symbol für die Kraft von Vergebung und Verständigung gilt."

Initiator und Hauptautor des polnischen Briefes war der Breslauer Kardinal Boleslaw Kominek (1903–1974). An seinem Denkmal legten die Teilnehmer der Gedenkfeier in Breslau Kränze nieder (Foto oben).

Kirchen waren den Politikern voraus

Mitten im Kalten Krieg und zum Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–1965) bereitete der Briefwechsel auch den Weg für die neue Ostpolitik von Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) ab 1969. Sie führte zur politisch lange umstrittenen Anerkennung der Staatsgrenze an Oder und Neiße. Brandt selber formulierte es so: "Das Gespräch der Kirchen (...) war dem Dialog der Politiker voraus."

In den politischen Debatten in Polen spielen antideutsche Töne bis heute eine Rolle. Der Chef der Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS), Jaroslaw Kaczynski, wirft dem liberalen Ministerpräsidenten Donald Tusk vor, ein Landesverräter zu sein und sich "deutschen Herren" anzudienen. Auch unter den polnischen Bischöfen finden sich Deutschlandkritiker.

Die nationalkonservative PiS unterstützte Nawrocki bei der Präsidentenwahl. Nawrockis Parole lautete: "Polen zuerst". Auf seinen Druck hin wurde zuletzt die Zahlung von Kindergeld für ukrainische Kriegsflüchtlinge eingeschränkt. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 hat Polen hunderttausende Kriegsflüchtlinge aufgenommen und ist ein wichtiger militärischer Verbündeter der Ukraine. (KNA)