Brauchen heute Mut und Gottvertrauen der späten Konzilstage

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Was müssen das für besondere Wochen gewesen sein, voller Mut und Gottvertrauen. In diesen Tagen, am 8. Dezember, jährt sich zum 60. Mal das Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65). Tags zuvor verabschiedeten die Konzilsväter nach manchem Streit noch vier Dokumente, darunter die "Erklärung über die Religionsfreiheit" (Dignitatis Humanae) und die "Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute" (Gaudium et Spes).
Die Schlussphase des Konzils, zu der wenige Wochen zuvor auch die "Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen" (Nostra Aetate) gehörte, steht für große Texte – und für wichtige andere Schritte. In diesen Wochen gab es auch die Selbstverpflichtung von rund 40 Bischöfen zu einfachem Lebensstil und zum Dienst an den Armen im "Katakomben-Pakt", in diesen Wochen kam es zum Briefwechsel der polnischen und deutschen Bischöfe, in diesen Wochen begann die strukturierte Vernetzung der europäischen Bischöfe hin zum Rat der europäischen Bischofskonferenzen (CCEE). Kirche im Frühling.
Klar, das Konzil war amts- und bischofszentriert. Beeindruckend wurde es jeweils dann, wenn die Teilnehmer den Mut hatten, über sich hinaus zu denken. So lange es die organisierte Reformbewegung mit dem Ruf nach konkreten Veränderungen in der katholischen Kirche gibt, so lange gibt es die Mahnung, es sei zu früh für ein weiteres Konzil, viel zu früh. Vor Jahrzehnten war das zum Beispiel Walter (noch-nicht-Kardinal) Kasper, in diesen Tagen ist es Michael Seewald. Alles, was er dazu sagt, ist berechtigt.
Aber vieles, was Seewald sagt, zeigt auch, dass es dringend Bewegung und Veränderung braucht, Stichwort Frauen in der Kirche. Und eigentlich auch, dass es sie konkreter braucht als in Andeutungen und Vertröstungen. Zum Ende des Konzils schrieb einer der offiziellen Beobachter: "Das Konzil ist abgeschlossen und zugleich noch in voller Entwicklung."
So viel an Entwicklung kam dann nicht mehr. Die Anliegen der Würzburger Synode (1972-75), um nur das für Deutschland wichtigste Beispiel zu nennen, landeten in römischen Schubladen. Dann begann bald in den 1970er Jahren innerkirchlich die Versteinerung. Manche sagen auch Eiszeit.
Das ein oder andere wirkt jetzt wie eine nachholende Entwicklung oder wie die Entwicklung hin zu einer nachholenden Entwicklung. Es bräuchte etwas von diesem Mut, dieser Gelassenheit der späten Konzilstage. Was müssen das für besondere Wochen gewesen sein …
Der Autor
Christoph Strack ist Fachredakteur der Deutschen Welle für Religion und Religionspolitik.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.