Abtpräses Jeremias Schröder berichtet von der Familiensynode

Tag 13: Kardinal Sarah und das Lernen vom Süden

Veröffentlicht am 17.10.2015 um 11:37 Uhr – Von Jeremias Schröder OSB – Lesedauer: 
Synodenblog

Vatikanstadt ‐ Am Freitag sprach Abtpräses Jeremias mit Kardinal Sarah über dessen Nazi-Vergleich. Danach ging es wieder ans Zuhören und Lernen: von den Vertretern anderer Kirchen und von den Erfahrungen der philippinischen Kirche mit dem Themengebiet Ehe und Familie.

  • Teilen:

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.

Ein amerikanischer Protestantenführer wird sehr persönlich und erzählt von seiner katholischen Frau, seinen katholischen Kindern und Enkeln, und der fehlenden Möglichkeit zur gemeinsamen Kommunion. Zwei Orthodoxe Gesandte arbeiten sich vornehm aber doch erkennbar am katholischen Rechtsdenken ab: Einer sagt, seine Kirche verzichte auf die Einwirkung auf staatliche Gesetze und versuche stattdessen, die Herzen der Menschen zu verändern; ein anderer beschreibt die Eucharistie als Medizin, die in seiner Kirche nicht als Mittel zur Bestrafung verwendet werden könne.

Kardinal Robert Sarah hat inzwischen seinen aufsehenerregenden Nazi-Vergleich vom ersten Tag veröffentlicht. Weil es etwas billig ist, nur übereinander zu reden und zu bloggen, suche ich ihn in der Pause auf und erkläre ihm, warum man aus meiner Sicht den Nazi-Faschismus nicht mit seinem "Homosexualismus" und der Gender-Theorie vergleichen kann. Es kommt hier zwar nicht zu einer Bekehrung, aber er gesteht immerhin zu, dass sein Vergleich etwas hinkt.

Sprachgruppe dezimiert

Nach der Pause kommen weitere anwesende Ehepaare zu Wort, darunter das deutsche Ehepaar Buch und auch einige Fachleute. An diesem Freitag der zweiten Synodenwoche macht sich auch etwas Erschöpfung breit, und so findet nicht jeder Beitrag die Aufmerksamkeit, die ihm eigentlich gebühren würde, vor allem wenn er eher weitschweifig oder allzu ehrfurchtsvoll vorgetragen wird. Auch die Saalregie schwächelt etwas, und es braucht ein paar Versuche, bis der richtige Name des Redners auf den großen Monitoren erscheint. Aber auch an diesem Freitag fallen deutliche Worte: "Seit der Missbrauchskrise glauben wir nicht mehr, dass der Klerus allein diese Fragen lösen kann", heißt es. Andere sprechen von persönlicher Betroffenheit und Schmerz, manchmal als Anklage, manchmal auch als Ansporn.

Am Nachmittag geht es wieder in die Kleingruppen. Wir sind weniger geworden, denn inzwischen ist auch schon das Redaktionsteam für die Schlusserklärung an der Arbeit. Aus unserer Gruppe stammen drei Mitglieder dieses Teams, kluge Köpfe, die uns jetzt fehlen.

Das Synodenblog

Abtpräses Jeremias Schröder OSB von St. Ottilien nimmt an der Familiensynode im Vatikan teil. Für katholisch.de berichtet er regelmäßig direkt aus der Synodenaula.

Unser Moderator löst sich noch einmal vom Instrumentum Laboris und schlägt vor, dass wir praktische Vorschläge zusammentragen sollen, wie den Familien geholfen werden kann. "Damit ist dem Papst vielleicht mehr gedient als mit einem Dokument." Der Austausch wird zu einer kleinen Offenbarung: wir hören aus Indien, Nigeria, Äthiopien und den Philippinen, wie sehr dort das Leben der Familien im Blick der Gemeinden ist.

An vielen Orten besucht der Pfarrer regelmäßig die Familien, anderswo weiß der Kirchenvorstand oder das Familienkomitee ziemlich genau, wo es kriselt, und wenn nötig wird ein Gemeindevertreter hingeschickt, um bei der Wiederherstellung des häuslichen Friedens zu helfen. Kinder, Jugendliche, Unverheiratete und Verheiratete sind in katholischen Vereinen organisiert. Das ist ein Idealbild, und wir hören aus den Philippinen auch, dass die allermeisten Kinder nicht bei ihrem Elternpaar aufwachsen. Aber in allen diesen Ländern sind die sozialen Bande sehr eng geknüpft, und die Kirche ist mittendrin.

„Man ahnt jetzt auch, warum sich der globale Süden nicht unbedingt nach allen Errungenschaften des Westens sehnt.“

—  Zitat: Abtpräses Jeremias Schröder OSB

Australien, Neuseeland, USA, Irland und Oberbayern sitzen da und staunen. Ein junger irischer Erzbischof sagt aus tiefem Herzen: Ich beneide Euch! Und dann müssen wir erklären, warum das im Westen alles nicht mehr geht: die Familien leben viel vereinzelter und auch selbständiger; die soziale Kontrolle - die in diesem System der intensiven Begleitung ja auch drinsteckt - würde niemand mehr akzeptieren. Wir können nur noch Angebote machen: Beratungsstellen in den Diözesen, oder ein Gastaufenthalt im Kloster, wenn alles zusammengebrochen ist und die Bruchstücke der eigenen Geschichte wieder neu sortiert werden müssen. "Wir können zu diesen alten Formen nicht mehr zurück", sagt ein Erzbischof, und wir nicken bedächtig. Aber man ahnt jetzt auch, warum sich der globale Süden nicht unbedingt nach allen Errungenschaften des Westens sehnt.

Am Samstag wird die Synode nicht tagen. Stattdessen gibt es eine große Gedenkfeier, weil die Einrichtung der Bischofssynoden seit 50 Jahren besteht. Und am Sonntag wird das Ehepaar Martin seliggesprochen, die Eltern der heiligen Therese von Lisieux. Die Synodalen nehmen da natürlich teil, außer mir. Ich muss übers Wochenende nach Hause, weil wir am Sonntag unser Missionsmuseum wieder eröffnen, dessen Sanierung vor vier Jahren durch mich begonnen worden war.

Am Montag beginnt dann der Endspurt für die Sprachgruppen. Das Redaktionsteam für den Schlussbericht wird wohl die ganze Woche durcharbeiten müssen, und zum Wochenende hin wird es dann wirklich spannend. Oder auch nicht? Der ziemlich versierte P. Tom Reese SJ hat gerade einen ernüchternden Artikel veröffentlicht, warum die Synode scheitern muss. Nächste Woche wissen wir mehr.

Von Jeremias Schröder OSB