Kein Ende, sondern ein Doppelpunkt
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In Dankbarkeit beenden wir die Bischofssynode in Rom. Drei Wochen haben wir intensiv und ermutigend, kontrovers und ehrlich mit Vertretern aus aller Welt diskutiert und gerungen, theologische Fragen vertieft und uns mit den Lebenswirklichkeiten der Familie befasst. Die Wochen waren vor allem ein geistliches Ereignis: In der Feier der Eucharistie, im gemeinsamen Gebet und im mitbrüderlichen Gespräch haben wir Wege gesucht, wie die Sendung der Familie in Kirche und Welt positiv gelingen kann.
Im Geist des Konzils
Grundlagen unserer Beratungen waren neben der Heiligen Schrift und der Tradition die Worte des Zweiten Vatikanischen Konzils: ‚Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi‘ (Gaudium et spes 1). In diesem Geist haben wir uns theologisch und praktisch mit den Bedürfnissen der Familien auseinandergesetzt.
Die Bischofssynode hat die Situation von Familien ernstgenommen wie sie ist: offen, ehrlich, global differenziert, aber doch in vielem ähnlich. Ehe und Familie sind über alle kulturellen Unterschiede hinweg eine konstante Größe menschlichen Zusammenlebens. Deshalb sind wir Papst Franziskus dankbar, dass er den synodalen Weg der Kirche bei diesem Thema beschreitet. Er begann mit den weltweiten Umfragen des Vatikans und der Synode im vergangenen Jahr. Der heutige Abschluss ist nicht das Ende, sondern ein Doppelpunkt: Wir müssen diesen Weg für und mit den Familien weitergehen. Keine andere globale Institution unternimmt eine solche Reflexion mit weltweiter Partizipation zum Thema Familie.
Die Synode hat gezeigt, welche große Bedeutung die Kirche Ehe und Familie beimisst. Gerade in dieser Frage bestand während der Beratungen ein breiter Konsens. Die Kirche ermutigt Menschen, Ehe und Familie zu leben und sich darauf einzulassen, diesen Weg in Treue weiterzugehen und Schwierigkeiten durchzustehen. Die Synode hat betont, dass der ganz normale familiäre Alltag ein Zeugnis ist. Gleichzeitig sind wir aufgerufen, Wege zu suchen, die Familie zu stärken und zu begleiten.
Bitte um Verzeihung
Das kann anwaltschaftlich zum Beispiel im sozialpolitischen Einsatz zu Gunsten der Familie geschehen, gerade auch für kinderreiche Familien oder für Alleinerziehende, im Einsatz für eine staatliche Gesetzgebung, die Familie fördert und ihren Wert für die Gesellschaft anerkennt. Das muss insbesondere auch innerkirchlich geschehen, zum Beispiel durch eine entsprechende Ausbildung der pastoralen Mitarbeiter zur Begleitung der Familien, durch eine bessere Ehevorbereitung und -begleitung, gerade in den ersten Jahren der Ehe, aber auch durch Beratungsangebote und Einrichtungen.
In der Synode ist deutlich geworden, dass die kirchliche Begleitung insbesondere in Situationen der Bedrängnis gefordert ist, zum Beispiel wenn Erziehung schwierig wird, Familienmitglieder krank sind oder Behinderungen viel Aufmerksamkeit und Fürsorge erfordern, wenn Ehepaare im Streit leben, wenn Menschen geschieden sind und erneut heiraten. Hier gilt es nicht nur anzuerkennen, was die Kirche leistet, sondern auch ehrlich zu sagen, was wir als Kirche versäumt haben: Im falsch verstandenen Bemühen, die kirchliche Lehre hochzuhalten, kam es in der Pastoral immer wieder zu harten und unbarmherzigen Haltungen, die Leid über Menschen gebracht haben, insbesondere über ledige Mütter und außerehelich geborene Kinder, über Menschen in vorehelichen und nichtehelichen Lebensgemeinschaften, über homosexuell orientierte Menschen und über Geschiedene und Wiederverheiratete. Als Bischöfe bitten wir diese Menschen um Verzeihung, so haben wir es in unserem Arbeitskreis formuliert.
Wir sind dankbar, dass die Synode eine Wertschätzung der interkonfessionellen Ehen ausgesprochen und den Wegcharakter des Lebens in Ehe und Familie unterstrichen hat, indem auch eine positivere Sicht auf den Weg vor der Ehe diskutiert wurde. Beim Thema der wiederverheiratet Geschiedenen sind notwendige Differenzierungen der Situationen im Text aufgegriffen. Es ist gelungen, Pauschalierungen zu vermeiden. Der Synode ist klar, dass es jede Lebenssituation individuell zu betrachten gilt.
Bischöfe hätten sich mehr Mut gewünscht
Im Rückblick hätten wir uns manches Mal mehr Mut gewünscht, sich intensiver mit den Realitäten zu befassen und sie als Zeichen der Zeit anzuerkennen, in denen Gott uns etwas sagen will, aber wir anerkennen auch, dass wir gelernt haben, uns auf andere Kulturen und Erfahrungen einzulassen.
Die Bischofssynode berät den Papst. Wir werden den weiteren Weg mit unseren Gebeten begleiten. Vor Papst Franziskus liegt jetzt die Aufgabe, die Fülle von Ergebnissen für die Kirche zu nutzen. Der Heilige Vater kann nun Entscheidungen für die ganze Kirche treffen, wobei er immer für die Einheit der Kirche steht und den weiteren synodalen Weg, wie er selbst in seiner historischen Rede vor einer Woche gesagt hat.
Wir werden das, was in der Synode bedacht wurde, zu Hause vertiefen und nach Konkretionen suchen. Als Kirche gehen und leben wir mit den Menschen, den Ehepaaren, den Familien, gerade auch mit den Bedrängten, mit deren Freude und Hoffnung, Trauer und Angst. Fragen, die uns jetzt begleiten, sind etwa: Wie öffnen wir Wege hin zu Christus und verschließen sie nicht? Wie integrieren wir die Menschen ganz in die Kirche? Wie werden wir eine Kirche mit offenen Türen?
Neuer Schwung für Familienpastoral
Und wie verhalten wir uns gegenüber Familien in schwierigsten Lebenssituationen wie zum Beispiel Flüchtlingsfamilien, um ihnen ein Leben in Würde zu ermöglichen, wie es das Evangelium aufzeigt? Wie können wir die Familienpastoral insgesamt mit neuem Schwung voranbringen?
Der Abschlusstext der Bischofssynode eröffnet Handlungsperspektiven und gibt Impulse zum theologischen Weiterdenken. Das wird auch in das Wort der deutschen Bischöfe zu Ehe und Familie einfließen, an dem wir derzeit arbeiten. Wichtig ist: Der synodale Weg der Kirche geht weiter. Vielleicht hat er gerade erst begonnen. Die Kirche bleibt auf dem Weg und bei den Menschen, auch in den Fragen von Ehe und Familie. Diesen Weg werden wir als Kirche in Deutschland mit Papst Franziskus fortsetzen. Wir fahren ermutigt und gestärkt in unsere Diözesen zurück.