Vor 50 Jahren stimmte das II. Vaticanum über wichtige Dekrete ab

Priester, Bischöfe, Orden und Erziehung

Veröffentlicht am 28.10.2015 um 10:40 Uhr – Lesedauer: 
Teilnehmer des Zweiten Vatikanischen Konzils warten vor dem Petersplatz.
Bild: © KNA
Konzil

Bonn ‐ Heute feiert die katholische Kirche den 50. Jahrestag der Erklärung "Nostra aetate". Darüber hinaus stimmten die Teilnehmer des Zweiten Vatikanischen Konzils am 28. Oktober 1965 noch über weitere wichtige Dekrete ab. Katholisch.de gibt einen Überblick.

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Konzilsdekret über die Bischöfe

Im Dokument über die Hirtenaufgabe der Bischöfe ("Christus Dominus") hat das Zweite Vatikanische Konzil die Lehr- und Leitungsfunktion des Bischofs gestärkt. Es wurde am 28. Oktober 1965 mit 2.322 Ja- gegen 2 Nein-Stimmen angenommen. Das Dekret stärkt die Lehr- und Leitungsfunktion des Bischofs in seiner Diözese gegenüber der römischen Kirchenzentrale und bestimmt ihr Verhältnis zum aufkommenden Instrument der nationalen Bischofskonferenzen.

Gemeinsam mit der Betonung der bischöflichen Kollegialität schafft das Konzil damit ein Gegengewicht zur Definition des päpstlichen Primats beim Ersten Vatikanischen Konzil (1870/71). Die detaillierten Ausführungen zum Amt des Bischofs in der Diözese sowie zur Reform der römischen Kurie geben dem Dokument den Charakter eines Reformdekrets.

In den Artikeln 9 und 10 über die Kurienreform wird festgehalten, dass die römischen Zentralbehörden ihr Amt im Namen und in der Vollmacht des Papstes versehen, dabei aber den Bischöfen einen Dienst leisten. Das Dekret fordert eine stärkere Internationalisierung der Kurie sowie der Nuntiaturen.

Es wird betont, dass die Diözese eine Teilkirche und die Verkündigung des Evangeliums die vorrangige Aufgabe des Bischofs sei. Im Verhältnis zum Staat fordert die Kirche volle Freiheit für die Bischöfe bei der Amtsausübung und das Recht der Kirche, Bischöfe frei zu ernennen und einzusetzen.

Im Weiteren wird die Zusammenarbeit der Bischöfe in Form von Synoden, Konzilien und Bischofskonferenzen geregelt. Das Konzil würdigt die bereits bestehenden Bischofskonferenzen und ordnet an, dass sie nach Möglichkeit überall errichtet werden sollten. Dazu werden Rahmenbedingungen vorgegeben. Aufgrund der vielen konkreten Regelungen wird "Christus Dominus" schon bald in die Tat umgesetzt.

Konzilsdokument über die christliche Erziehung

Das Dokument des Zweiten Vatikanischen Konzils über die christliche Erziehung ("Gravissimum educationis") formulierte erstmals einen umfassenden Erziehungsauftrag und betonte dabei die fundamentalen Rechte der Eltern. Es zählt zu den weniger bekannten Konzilsdokumenten und wurde vor 50 Jahren mit 2.290 Ja- gegen 35 Nein-Stimmen angenommen.

Mit einem optimistischen Grundton bewertet es die technischen, wissenschaftlichen und kulturellen Errungenschaften. Auch wird das elementare Recht aller Menschen auf Erziehung erstmals in dieser Qualität in einem kirchlichen Dokument betont. "Wahre Erziehung" solle die Person "auf ihr letztes Ziel" ausrichten, zugleich aber auch "auf das Wohl der Gemeinschaften".

Zentral ist auch die Verantwortung der Eltern bei der Erziehung. Wörtlich heißt es: "Da die Eltern ihren Kindern das Leben schenken, haben sie die überaus schwere Verpflichtung zur Kindererziehung." Sie müssten daher die "ersten und bevorzugten Erzieher ihrer Kinder" und "erste Schule der sozialen Tugenden" sein. Dafür müssten die Eltern in der Schulwahl wirklich frei sein. Jede Art von Schulmonopol wird abgelehnt; die Kirche müsse das Recht zur Gründung und Leitung eigener Schulen haben. Von katholischen Eltern wird erwartet, ihre Kinder, "wo sie die Möglichkeit haben", katholischen Schulen anzuvertrauen.

Das Dokument spricht von ökumenischem Taktgefühl und erkennt sachlich notwendige Rechte und Pflichten des Staates an. Dieser offene Geist verhinderte nicht, dass es, verglichen mit anderen Konzilsdokumenten, eine nur geringe Wirkungsgeschichte entfalten konnte.

Bild: ©KNA

Am 28. Oktober 1965 stimmte das Zweite Vatikanische Konzil über mehrere wegweisende Dokumente und Erklärungen ab.

Konzilsdekret über das Ordensleben

Eine zeitgemäße Erneuerung des Ordenslebens war Thema des Konzilsdekrets "Perfectae caritatis". Es wurde mit 2.321 Ja- gegen 4 Nein-Stimmen angenommen. Das Dokument macht deutlich, wie vielfältig und für die Kirche lebensnotwendig Ordensgemeinschaften und Säkularinstitute seien. In 25 Artikeln werden allgemeine Grundsätze für das Leben dieser Gemeinschaften dargelegt. Sie wurden im Vorfeld intensiv diskutiert. Der 1964 vorgelegte Entwurf erhielt über 14.000 Änderungsvorschläge, mehr als jede andere Konzilsvorlage.

Das Dekret beschreibt die geforderte "zeitgemäße Erneuerung" als ständige Rückkehr sowohl zu den Quellen des christlichen Lebens als auch zum Geist des Ursprungs der verschiedenen Institute und als deren Anpassung an die geänderten Verhältnisse der Zeit. Die Kriterien: Letzte Norm des Ordenslebens sei die evangeliumsgemäße Nachfolge Christi. Der Geist der jeweiligen Ordensgründer und deren Überlieferung sei treu zu erforschen und zu bewahren. Darüber hinaus sollten alle Ordensinstitute am Leben der Kirche und ihrer Erneuerung mitwirken. Daher müssten Ordensmitglieder die aktuelle Situation und die Erfordernisse der Kirche wirklich kennen. Vorrangiges Ziel sei eine innere, geistliche Erneuerung und nicht eine äußere Reform.

Vor diesem Hintergrund sieht das Konzil Lebensweise, Gebet und Arbeit, deren innere Ordnung und Leitung sowie die offiziellen Bücher wie Konstitutionen und Gebetsbücher als erneuerungsbedürftig. Im Zentrum der geistlichen Erneuerung stehen die Gelübde der Ehelosigkeit, der Armut und des Gehorsams.

Konzilsdekret über die Priesterausbildung

"Optatam totius" ist das Dekret des Zweiten Vatikanischen Konzils über die Ausbildung der Priester. Es wurde am 28. Oktober 1965 mit 2.318 Ja- gegen 4 Nein-Stimmen angenommen. Das Dokument beginnt mit den Worten: "Die erstrebte Erneuerung der gesamten Kirche hängt zum großen Teil vom priesterlichen Dienst ab." Kernstück sind Änderungen in der Priesterausbildung, die sowohl das Priesterseminar als auch das Theologiestudium betreffen.

Bei der Aufnahme von Kandidaten wird neben anderen Kriterien auch eine psychologische Untersuchung gefordert. Generell soll trotz des Priestermangels die Auswahl streng sein. Unterstrichen wird die Verbindlichkeit des priesterlichen Zölibats als "kostbares Geschenk Gottes", das erbeten sei und dem frei und großherzig entsprochen werden solle. Betont werden menschliche Tugenden wie Aufrichtigkeit, Gerechtigkeitssinn, Verlässlichkeit und Bescheidenheit sowie gute Umgangsformen, um der Gefahr eines Klerikalismus vorzubeugen. Das Dekret eröffnet auch die Möglichkeit, das Weihealter von Priestern hinaufzusetzen und ein Diakonat vor der Priesterweihe einzuführen.

Klare Reformvorstellungen gibt es auch für das Theologiestudium: eine bessere Abstimmung der philosophischen und theologischen Disziplinen und eine Entrümpelung der Inhalte. Aufgewertet wird das Studium der Bibel, die "gleichsam die Seele der ganzen Theologie" sein müsse. Im Gegensatz zur bisherigen scholastischen Schultradition wird für die theologischen Fächer eine den historischen Entstehungsprozess nachzeichnende Methode gewünscht. (KNA)

Dossier: II. Vaticanum: Macht die Fenster weit auf!

Vieles, was heute in der Kirche als selbstverständlich gilt, ist eine Folge von fast revolutionären Beschlüssen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965). Katholisch.de blickt auf die wegweisende Bischofsversammlung und ihre wichtigsten Beschlüsse zurück.