Kirchengeschichte in bekömmlicher Dosis
"Ein heiliges Experiment...eine andere Hildesheimer Bistumsgeschichte" heißt das 48-seitige Heftchen, das ab sofort in einer Auflage von 3.000 Stück über den Buchhandel zu beziehen ist. Auch die Vorstellung des Projekts am Donnerstagabend im Hildesheimer Dommuseum erfolgt auf ungewöhnliche Weise: Das Comic wird nicht vorgelesen, sondern von Studierenden der Universität in einzelnen Szenen nachgestellt.
"Wir wollen mit dem Comic Schlaglichter auf die Geschichte unseres Bistums werfen", sagt der Projektleiter des Bistumsjubiläums, Thomas Harling, der für die Aktivitäten rund um das 1.200-jährige Bestehen verantwortlich ist. Zum Ende der Feierlichkeiten, die seit dem Frühjahr laufen, soll das ungewöhnliche Comic-Projekt noch einmal einen besonderen Höhepunkt darstellen - und Kirchengeschichte in einer jungen Form verbildlichen. "Wir wollten dem etwas verstaubten Image der Kirchengeschichte etwas entgegensetzen", sagt Harling. Dies geschehe augenzwinkernd und nicht immer zu hundert Prozent historisch verbrieft.
Geschichts-Comics haben lange Tradition
Besonders in Frankreich und den USA haben Comics, die Geschichte inszenieren, eine lange Tradition. Berühmtestes Beispiel ist wohl "Maus" des Amerikaners Art Spiegelman, der die Geschichte seiner den Holocaust überlebenden Eltern mittels vermenschlichter Tierfiguren inszeniert und damit das Unerfassbare erfassbar macht. Einprägsam und auf Wesentliches reduziert - ein Comic macht die oft schwer bekömmliche Historie leichter und dadurch einer größeren Zielgruppe zugänglich. Auch das ist ein Ziel der Gruppe rund um Harling.
"Wir wollten Bildmotive finden, die im Kopf der Leser hängenbleiben - das geht mit Bildern eben leichter als mit Vorträgen", so der Bielefelder Zeichner Detlev Henke-Röchert, der mit dem Heft zum ersten Mal eine historisch-religiöse Thematik bildnerisch umsetzt und von der Idee "überrascht und begeistert" war.
Henke-Röchert ist für die Rahmenhandlung verantwortlich, die den Übergang zwischen den Kurzgeschichten schafft: Ein Zauberer und sein Gehilfe versuchen mittels Zaubertrank die "Essenz" des Bistums Hildesheims herauszufiltern - eben das, was das Bistum ausmacht. Sie sind die inhaltliche Klammer zwischen den unterschiedlichen Erzählungen, die sich unter anderem mit der Gründungslegende und der Bernward- und Godehard-Geschichte beschäftigen und bis in die Nachkriegszeit des Zweiten Weltkriegs reichen. Verschiedene Zeichner haben die einzelnen Stories in Aquarell, mit Buntstift oder am Computer umgesetzt.
Der Aufttakt dreht sich um einen tausendjährigen Rosenstock
Den Auftakt des Bandes - der Ritt Ludwigs des Frommen durch eine regnerische Nacht - ist die Gründungslegende des Bistums, die auf einen tausendjährigen Rosenstock zurückgeht, der noch heute auf dem Friedhof des Doms alljährlich aufblüht. Im Jahre 815 soll Ludwig der Fromme, Sohn und Nachfolger Kaiser Karls des Großen, zwischen den Blüten einer wilden Heckenrose eine kostbares Reliquiar vergessen haben, dass er dort zur Feier einer Messe hatte aufhängen lassen. Als er zurückkehrte, um das Reliquiar wieder zu holen, ließ es sich nicht mehr vom Rosenstock entfernen. Ludwig der Fromme sah darin ein göttliches Zeichen und ließ zu Ehren der Gottesmutter an Ort und Stelle eine Kapelle bauen - den heutigen Hildesheimer Dom.
"Wie können Dornenranken nur so störrisch sein?", klagt Kaplan Hildwin im Comic und versucht, zunächst mit bloßen Händen und dann mit einer Säge vergeblich das Reliquien-Gefäß zu befreien. Ludwig der Fromme, den er schließlich zur Hilfe holt, sieht in den widerspenstigen Ranken den Beweis für ein Wunder und benennt den Ort frei nach seinem knollnasigen Kaplan Hildwin: Die Geburtsstunde des Bistums Hildesheim.
Service
Das Comic kostet 9,80 Euro und ist im Buchhandel erhältlich.