Joachim Valentin über Bundeskanzlerin Angela Merkel

Die unersetzliche Christin

Veröffentlicht am 26.11.2015 um 00:01 Uhr – Von Joachim Valentin – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Joachim Valentin über Bundeskanzlerin Angela Merkel

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Angela Merkel, deutsche Bundeskanzlerin, aktuell seit 10 Jahren im Amt (Herzlichen Glückwunsch!) ist eine "unersetzliche Europäerin". Dies verlautete letzte Woche nicht etwa aus dem Kreis ihrer Getreuen in der CDU (ohne CSU), sondern ausgerechnet aus dem seriösen finanzpolitischen Magazin "The Economist", dessen globale Berichterstattung im Jahr 2009 mit einer verkauften Auflage von 1.420.000 Exemplaren sicher 2 Millionen englischsprachige Leser erreicht hat, 55 Prozent davon in den USA. Unter der bemerkenswerten Zwischenüberschrift "Why Mutti Matters" wird beschrieben, wie sie aus jeder Krise der letzten Jahre gestärkt hervorging, weil sie jeweils besonnen und sachgenau handelte und warum sie inzwischen für die ehemaligen Großmächte Russland und USA als zentrale Ansprechpartnerin in Sachen Europa gilt.

Unersetzlich - indispensabel - ist die seit fünf Jahren ununterbrochen "mächtigste Frau der Welt" (Forbes-Magazin) jedoch auch als entschieden christliche Politikerin, auch wenn das die katholische Öffentlichkeit noch nicht recht gemerkt hat, ja in Teilen das Gegenteil behauptet. In einem bemerkenswerten Text in einer Schweizer (!) christlichen Zeitschrift (jesus.ch) schildert die evangelische Pfarrerstochter, wie sie zu DDR-Zeiten aus christlicher Überzeugung lernte, anders zu denken als die Mehrheit, wünscht sich mehr christliches Bekenntnis in unserer Gesellschaft und in ihrer Partei und bemerkt: "Das Christsein ist für mich daher nicht nur ein Rettungsanker in schwachen Stunden, in denen man hofft, nicht weggetrieben zu werden, sondern vor allem Gestaltungskraft in den Lebensphasen, die Impulse setzen sollen und Veränderungen bringen - denn in diesen gestaltet christlicher Glaube das eigene Leben und das der anderen mit - Gott sei Dank."

Dass sie ihre weitreichenden Entscheidungen im Umgang mit der Flüchtlingsfrage aus christlichem Bewusstsein und eigener historischer Erfahrung mit "eisernen Vorhängen" gefällt hat - die Bischöfe stehen hier dankenswerterweise in Wort und Tat an ihrer Seite - darf vermutet und muss hoch geachtet werden. Dass ein leitender katholischer Publizist sie via Twitter vor kurzem unverhohlen und unwidersprochen zum Rücktritt auffordern konnte, erfüllt sicher nicht nur die Leser des Economist mit Staunen. Und wenn an dieser Stelle aus demselben Personenkreis und mit dem gleichen Ressentiment - allerdings mit noch weniger Sachverstand - der christlich-islamische Dialog mal eben für "gescheitert" erklärt wird, greift man sich endgültig an den Kopf.

Der Autor

Joachim Valentin ist Direktor des katholischen Kultur- und Begegnungszentrums "Haus am Dom" in Frankfurt am Main.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.
Von Joachim Valentin