Vatikan will Dialog mit Juden verstärken
Eine institutionell verankerte Judenmission kenne die katholische Kirche nicht, schreibt die Päpstliche Kommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum. Auch wenn Katholiken im Dialog mit dem Judentum Zeugnis für ihren Glauben an Jesus Christus ablegten, enthielten sie sich jedoch jeder Bemühung, sie aktiv zu bekehren oder zu missionieren.
Juden und Katholiken müssten sich im Dialog besser kennenlernen und die Schätze ihres gemeinsamen geistlichen Erbes entdecken und heben, heißt es in dem Dokument weiter. Sie sollten gemeinsam für Gerechtigkeit, Frieden, die Bewahrung der Schöpfung und die Versöhnung der Welt eintreten. Zudem müssten sie alle rassistische Diskriminierung gegenüber Juden und jeden Antisemitismus bekämpfen. Schließlich sollten beide Seiten im karitativen Bereich zur Linderung menschlicher Not zusammenarbeiten, und damit für eine bessere Welt eintreten.
Bund Gottes mit dem jüdischen Volk nicht aufgekündigt
Das Dokument wendet sich gegen die Vorstellung, der Bund Gottes mit dem jüdischen Volk sei aufgekündigt worden und auf die Kirche übergegangen, die das Gottesvolk Israel ersetzt habe. Der Neue Bund sei für Christen nicht die Aufhebung, sondern vielmehr die Erfüllung der Verheißung des Alten Bundes. Bei dem 17-seitigen Papier handelt sich nach vatikanischen Angaben nicht um eine offizielle Aussage des kirchlichen Lehramtes, sondern um "Überlegungen" der Kommission.
Kirche und Judentum könnten "nicht als zwei parallele Heilswege" dargestellt werden, heißt es. Aus dem christlichen Bekenntnis, dass es nur einen Heilsweg geben könne, folge in keiner Weise, dass die Juden von Gottes Heil ausgeschlossen seien, weil sie nicht an Jesus Christus als den Messias Israels und den Sohn Gottes glaubten. Vielmehr hätten sie "Anteil an Gottes Heil". Wie dies jedoch "ohne explizites Christusbekenntnis möglich sein kann, ist und bleibt ein abgrundtiefes Geheimnis Gottes", so das Dokument.
Als eine "Ermutigung, den christlich-jüdischen Dialog mit noch größerem Engagement fortzuführen", würdigte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, das Dokument am Donnerstag in Bonn. Es bekräftige die Sonderstellung der christlich-jüdischen Beziehungen im interreligiösen Dialog und wolle insbesondere dem theologischen Dialog zwischen Juden und Christen neue Impulse geben. Denn die christliche Verkündigung wurzele in der Glaubensgeschichte Israels, so Marx. Deshalb könne man auch von einem "intra-religiösen oder interfamiliären Dialog" sprechen.
Marx: "Fundamentalunterschied" wird nicht verschwiegen
Gleichzeitig verschweige das Dokument den "Fundamentalunterschied" zwischen Christentum und Judentum aber nicht, der in der Bewertung der Person Jesu von Nazareth bestehe, so Marx. "Es gehört zu den Stärken des Dokumentes, dass auch theologisch noch nicht befriedigend gelöste Fragen offen angesprochen werden." Dazu zähle nicht zuletzt die Frage, wie das christliche Bekenntnis, dass Gott alle Menschen durch Jesus Christus zum Heil führen will, mit der Lehre vom ungekündigten Bund Gottes mit Israel theologisch kohärent zusammengedacht werden könne.
Explizit lobte Marx die Feststellung, "dass die katholische Kirche keine spezifische institutionelle Missionsarbeit, die auf Juden gerichtet ist, kennt und unterstützt". Damit würde ein Hindernis in den christlich-jüdischen Beziehungen endgültig beseitigt. (bod/KNA)