Über den Einsatz des Papstes für Gerechtigkeit

Franziskus, ein (Super-)Held?

Veröffentlicht am 15.12.2015 um 13:15 Uhr – Von Björn Odendahl – Lesedauer: 
Franziskus, ein (Super-)Held?
Bild: © KNA
Vatikan

Bonn ‐ Prötzlich prangte es an einer Straßenecke in Rom: ein Graffito, das Papst Franziskus als "Superman" zeigte. Auch wenn der Pontifex den Kult um seine Person selbst ablehnt, muss die Frage dennoch erlaubt sein: Ist der Papst ein (Super-)Held?

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Das Graffito des Malers und Straßenkünstlers Mauro Pallotta ist mittlerweile entfernt worden, angeblich vom Vatikan selbst. Doch ob nicht ein Fünkchen Wahrheit hinter dem Kunstwerk steckte? Bereits kurz nach seinem Amtsantritt hatte es Gerüchte gegeben, dass dieser Pontifex irgendwie anders "tickt". Tagsüber Oberhaupt der katholischen Kirche, soll er nachts heimlich durch die Gassen Roms geschlichen sein, um den Armen zu helfen.

Der polnische Erzbischof Konrad Krajewski, Chef des vatikanischen Almosenbüros, hatte in einem Interview gesagt: "Wenn ich zum Papst sage: 'Heute Abend verlasse ich den Vatikan, um den Armen zu helfen', dann antwortet er mir: 'Ich komme mit dir'." Franziskus hat die Berichte über seine Undercover-Einsätze mittlerweile zwar zurückgewiesen. Zur modernen Legendenbildung taugt die Geschichte aber noch immer. Zumal sie stark an die des Milliardärs Bruce Wayne erinnert, der seinen maßgeschneiderten Anzug ja auch erst gegen das Batman-Kostüm tauscht, wenn die Nacht hereinbricht.

Papst Franziskus feiert die Messe auf dem Platz der Revolution in Havanna.
Bild: ©picture alliance / dpa

Papst Franziskus hatte großen Anteil an der historischen Annäherung zwischen Kuba und den USA.

Mehr als ein Gerücht ist dagegen der Einsatz des Pontifex im Konflikt zwischen Kuba und den USA. 50 Jahre lang herrschte Eiszeit zwischen der kapitalistischen Supermacht und ihrem sozialistischen Nachbarn. Doch Ende 2014 erfolgte die unerwartete Annäherung. Sowohl US-Präsident Barack Obama als auch Kubas Staatschef Raúl Castro hatten einen Brief von Franziskus erhalten, in denen er die Politiker aufforderte, "humanitäre Probleme von gemeinsamem Interesse zu lösen, darunter die Lage von gewissen Gefangenen, sowie um eine neue Phase in den Beziehungen beider Seiten einzuleiten". Weitere Telefongespräche folgten. Die Staatsoberhäupter hörten schließlich auf den Papst. Eventuell reist Obama im nächsten Jahr sogar erstmals selbst nach Kuba.

Mit Unerschrockenheit und Mut

Ist der Papst deshalb ein Held? Wenn man die mythologische Herkunft des Wortes beleuchtet, dann wohl eher nicht. Denn dort ist ein Held ein "durch große und kühne Taten besonders in Kampf und Krieg sich auszeichnender Mann edler Abkunft". In einem Krieg hat Franziskus nie gedient. Und sein Vater war kein Adliger, sondern arbeitete für die argentinische Eisenbahngesellschaft. Aber heute hat das Wort Held eine andere Bedeutung. Laut Duden ist das jemand, "der sich mit Unerschrockenheit und Mut einer schweren Aufgabe stellt, eine ungewöhnliche Tat vollbringt, die ihm Bewunderung einträgt".

Stellvertreter Christi auf Erden zu sein war und ist sicher nie eine leichte Aufgabe. Blickt man aber auf das, was Franziskus bisher während seines Pontifikats geleistet hat, dann darf man das Wort "Held" durchaus einmal benutzen. Selbst dann, wenn es die ewigen Nörgler auf den Plan ruft, die sagen, das sei ja alles gar nichts Besonderes. Nichts Besonderes, wie er die Reform der Kurie – auch gegen innerkirchliche Widerstände – vorantreibt. Oder wie er seinen unermüdlichen Kampf gegen die Armut führt. Nichts Besonderes, dass er sich für ein Telefonat mit einem Kioskbesitzer ebenso viel Zeit nimmt, wie für Gespräche mit den bedeutendsten Kardinälen.

Bild: ©KNA

Papst Franziskus während seines Besuchs in der Zentralafrikanischen Republik Ende November. Das Militär sorgt für seine Sicherheit.

Und auch sein Besuch in der Zentralafrikanischen Republik war so gesehen nichts Besonderes. Dort, wo bis zuletzt nicht klar war, ob man überhaupt für die Sicherheit des Papstes würde garantieren können. Doch Franziskus war das egal. Er sagte seinem Piloten: "Bring mich nach Bangui, notfalls mit dem Fallschirm." Ist das Mut? Oder ist das Leichtsinn? Vielleicht ist es von beidem ein bisschen, das den Helden von heute ausmacht.

Hat der Papst die Welt gerettet?

Vor wenigen Tagen hat Franziskus dann (vielleicht?) auch noch die Welt gerettet. Denn wenn man einem Artikel von "Spiegel Online" glauben darf, ist es dem Heiligen Vater zu verdanken, dass das weltweite Klimaschutz-Abkommen in Paris zustande gekommen ist. Denn der Chefunterhändler Nicaraguas, Paul Oquist, wollte dem Vertrag unter keinen Umständen zustimmen. Der Papst flog zwar weder mit dem Fallschirm noch ganz ohne technisches Hilfsmittel in die französische Hauptstadt. Es soll aber ein Anruf aus dem Vatikan gewesen sein, der die Regierung Nicaraguas schließlich umstimmte. Der Papst sei dafür sogar extra aus einer Messe geholt worden, heißt es.

Franziskus selbst wehrt sich immer wieder gegen die ideologischen Interpretationen seiner Person. "Den Papst als eine Art 'Superman' zu zeichnen, eine Art Star, scheint mir beleidigend", sagte er einmal. Und dass auch er ein Mensch sei, der lacht, weint, ruhig schläft und Freunde hat wie alle. "Ein normaler Mensch." Aber mal ganz ehrlich. Wer sich mit Comics auskennt, der weiß, dass ein Superheld immer leugnet, dass er einer ist.

Von Björn Odendahl