Die wichtigsten Ergebnisse der Vollversammlung der Bischöfe im Überblick

Flüchtlingskrise im Fokus

Veröffentlicht am 18.02.2016 um 16:07 Uhr – Von Kilian Martin – Lesedauer: 
Flüchtlingskrise im Fokus
Bild: © KNA
Vollversammlung

Schöntal ‐ Die Flüchtlingshilfe war das zentrale Thema der Vollversammlung der Bischöfe. Zum Abschluss verabschiedeten sie dazu eigene Leitsätze. Doch auch die Ökumene und der zurückliegende Ad-limina-Besuch wurden von den Bischöfen besprochen.

  • Teilen:

Studientag zur Flüchtlingskrise

Die Vollversammlung in Schöntal widmete sich intensiv den Herausforderungen, welche die anhaltende Flüchtlingskrise an Kirche und Gesellschaft stellt. Zum Abschluss der Versammlung erklärte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, die Kirche müsse den wichtigen Auftrag erfüllen, "an der Integration, an der Begegnung, am guten Gelingen des Miteinanders mit denjenigen, die zu uns kommen, beizutragen."

Besonderes Augenmerk legten die Bischöfe bei ihrem Studientag zum Thema auf eine "profunde Auseinandersetzung mit den Tiefenstrukturen des weltweiten Migrationsgeschehens, um vor diesem Hintergrund die aktuellen Entwicklungen besser verstehen zu können." Als Fachreferenten hatte die Vollversammlung den Osnabrücker Migrationsforscher Jochen Oltmer und den Beigeordneten Hohen Flüchtlingskommissar des UNHCR, Volker Türk, eingeladen.

Die politische Debatte zur Flüchtlingskrise wurde von den Bischöfen bei einer Podiumsdiskussion aufgegriffen. Dabei berichteten der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU), Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) und Caritas-Präsident Peter Neher von ihren Erfahrungen. "Von den Bischöfen wurde unterstrichen, dass trotz mancher politischer Kontroversen die Lösung konkreter Probleme im Vordergrund des Regierungshandelns stehen muss", hieß es von Marx.

Als ein wichtiges Ziel nannte Marx zudem erneut eine Versachlichung der Debatte um die Flüchtlingsfrage. Dies verbinde er mit der Bitte an die Politik, in den Grundfragen des Umgangs mit Schutzsuchenden zusammen zu stehen. "Es geht darum, die Probleme der Flüchtlinge zu lösen und nicht eine Debatte zu verschärfen, die uns von den Problemen wegführen", so Marx. Er selbst wolle sich an konstruktiven Gesprächen über Lösungsansätze beteiligen, anstatt Themen zu verhandeln, die nichts zur Problemlösung beitragen würden. "Wir reden über AfD und ich weiß nicht was, und jede Woche ersaufen die Leute im Mittelmeer. Man muss doch mal die Prioritäten klären!"

Eine internationale Perspektive brachte der italienische Kardinal Francesco Montenegro in die Vollversammlung ein. Der Präsident des italienischen Caritas-Verbandes und Erzbischof von Agrigent, zu dem auch die "Flüchtlingsinsel" Lampedusa gehört, berichtete von seinem Engagement für ankommende Geflüchtete aus Nordafrika. Am Mittwoch rief Montenegro vor Pressevertretern zu einem gemeinsamen europäischen Handeln in der Flüchtlingskrise auf.

Kirchliche Leitsätze für die Flüchtlingsarbeit

Die Bischöfe verabschiedeten am Donnerstag ihre "Leitsätze des kirchlichen Engagements für Flüchtlinge". Diese dürften nicht als erschöpfendes Papier verstanden werden, sondern sollten Öffentlichkeit wie Kirche über Grundlegendes informieren. In dem Grundsatztext werden fünf Grundlagen des Handelns und zwölf konkrete Handlungsfelder genannt. Die Grundlage für das Dokument wurde beim ersten "Katholischen Flüchtlingsgipfel" im November vergangenen Jahres gelegt, erklärte die Bischofskonferenz.

In den Leitsätzen betonen die Bischöfe, dass es Teil des christlichen Selbstverständnisses sei, Schutzsuchende Hilfe zuteil werden zu lassen. "Wir würden unsere eigene Identität verraten, wenn wir das nicht tun", so Marx. Die Flüchtlingshilfe müsse zudem auf allen Ebenen des kirchlichen Lebens geleistet werden. Besonders Augenmerk legten die Bischöfe in ihrem Papier auf die Relevanz einer persönlichen, seelsorglichen Begleitung der Flüchtlinge.

Zu den im Papier genannten Handlungsfeldern kirchlicher Flüchtlingshilfe zählt die Qualifikation und Unterstützung der ehrenamtlichen Helfer. Laut Angaben der Konferenz sind derzeit über 100.000 Menschen ehrenamtlich und über 5.000 hauptamtlich in der kirchlichen Flüchtlingsarbeit tätig. Daneben wollen die Bischöfe weiteren Wohnraum für Flüchtlinge zur Verfügung stellen, in ihren Einrichtungen die Integration von Migranten in das Bildungs- und Erwerbsleben unterstützen und sich auch politisch für eine würdevolle und faire Behandlung von Schutzsuchenden einsetzen. Zudem ist es den Bischöfen ein Anliegen, sich besonders für den Schutz christlicher Flüchtlinge einzusetzen und ihnen seelsorgliche Hilfe zukommen zu lassen. Dazu gehöre auch, die Mitarbeiter in der Flüchtlingshilfe für etwaige Konfliktherde in den Unterkünften zu sensibilisieren, erklärte Marx.

Player wird geladen ...
Video: © katholisch.de

"Wir haben Verantwortung" - Kardinal Francesco Montenegro aus Lampedusa bei der Vollversammlung der deutschen Bischöfe

Kirche in Europa

Als ein persönliches Herzensanliegen bezeichnete Marx die europäische Einigung. Bei der Vollversammlung gab er den deutschen Bischöfen einen Bericht über die Arbeit der Kommission der europäischen Bischofskonferenzen (Comece), deren Präsident Marx derzeit ist. Derzeit bestimme die Flüchtlingsthematik auch die Arbeit der Comece. Die teilweise großen Unterschiede im politischen Umgang mit der Flüchtlingskrise zwischen den europäischen Staaten sei dabei auf bischöflicher Ebene nicht so stark ausgeprägt, erklärte der Kardinal. "Ich möchte unterstreichen, dass die Kirche in Europa sich durchaus gemeinsam auf den Weg macht." Zudem sei es auch Aufgabe der Kirche, sich um ein Gelingen des europäischen Projekts zu bemühen.

Ökumene und Reformationsgedenken

Mit Blick auf das Reformationsgedenken im kommenden Jahr spielte die Ökumene bei der Vollversammlung eine wichtige Rolle. Marx betonte, dass man von katholischer wie von evangelischer Seite in Deutschland viel Wert darauf lege, konfessionelle Abgrenzungen zu überwinden. Die katholischen Bischöfe haben nun einen ökumenischen Text mit dem Titel "Healing of Memories" ("Heilung der Erinnerungen") beraten, welcher anschließend in die Gremien der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gehen soll. Geplant ist eine Vorstellung des gemeinsamen Textes durch Marx und den EKD-Ratsvorsitzenden, Heinrich Bedford-Strohm, in diesem Herbst. Der gleichnamige ökumenische Prozess, welcher seit 2012 läuft, soll mit einem zentralen Gottesdienst im März 2017 abgeschlossen werden.

Player wird geladen ...
Video: © katholisch.de

"Das Engagement geht weiter" - Erzbischof Stefan Heße zur Flüchtlingsfrage

Ad-limina-Besuch

Die Bischöfe nahmen ihre Vollversammlung auch zum Anlass, ihren Ad-limina-Besuch bei Papst Franziskus im vergangenen November zu reflektieren. Die Begegnungen mit dem Papst wurden, wie Marx erklärte, unter den Bischöfen als durchweg positiv empfunden. Die drei jeweils über eine Stunde dauernden Gespräche mit dem Kirchenoberhaupt hätten die Oberhirten als sehr vertrauensvoll und ermutigend wahrgenommen. Keinen weiteren Kommentar gab es hingegen zur Ansprache von Franziskus an die deutschen Bischöfe. Die Rede - die den Bischöfen nur schriftlich ausgehändigt wurde - hatte aufgrund ihrer kritischen Worte zum kirchlichen Leben in Deutschland für Aufsehen gesorgt.

Gesprächsprozess

Auch der Gesprächsprozess "Im Heute glauben" war noch einmal Thema der Vollversammlung. In der vergangenen Woche hatten die Bischöfe dazu ihre Abschlussbotschaft veröffentlicht. Zukünftig wollen die Bischöfe alle zwei Jahre weitere Dialogveranstaltungen abhalten. Dazu wurde eine Steuerungsgruppe eingesetzt, der neben Kardinal Marx auch die Diözesanbischöfe Franz-Josef Bode (Osnabrück) und Franz-Josef Overbeck (Essen) sowie Weihbischof Michael Gerber (Freiburg) angehören.

Themenseite: Vollversammlungen

Zweimal im Jahr trifft sich die Deutsche Bischofskonferenz zu Vollversammlungen: Im Frühjahr an wechselnden Orten, im Herbst immer in Fulda. Die Themenseite bündelt die Berichterstattung von katholisch.de zu den Versammlungen.
Von Kilian Martin