Pell räumt "enorme Fehler" ein
Der Kardinal äußerte sich per Videoschalte aus Rom gegenüber der staatlichen Kommission zur Untersuchung des Umgangs von Institutionen mit Missbrauchsfällen in Sydney. Wegen eines akuten Herzleidens konnte er auf Anraten seiner Ärzte nicht zu der Anhörung nach Sydney fliegen.
Eigene Fehler eingestanden
Der Kardinal habe pauschal auch eigene Fehler eingestanden, hieß es. "Ich muss sagen, ich war damals sehr geneigt, einem Priester zu glauben, wenn er den Vorwurf des Missbrauchs dementiert hat", wurde Pell zitiert.
„Ich muss sagen, ich war damals sehr geneigt, einem Priester zu glauben, wenn er den Vorwurf des Missbrauchs dementiert hat“
Bei Fragen zu konkreten Fällen habe sich der Finanzminister des Vatikan jedoch nicht erinnern zu können oder die Schuld dem damaligen Bischof Ronald Mulkearns zugewiesen. Angesichts von der Kommission vorgelegter Beweise habe Pell eingeräumt, es habe "offenbar eine signifikante Zahl von Menschen" gegeben, die von dem Missbrauch gewusst hätten.
Im Zentrum der Anhörung standen Missbrauchsfälle im australischen Bistum Ballarat. Dort war Pell zwischen 1973 und 1984 Priester, bischöflicher Vikar für das Schulwesen und einer der Berater von Bischof Mulkearns. Eine Reihe von Priestern des Bistums wurde inzwischen des sexuellen Missbrauchs in vielen Fällen überführt und verurteilt.
Bot Pell Schweigegeld?
Pell kannte diese Priester und war mit einem Täter, Gerald Ridsdale, befreundet. Der ehemalige Kaplan der Jungenschule St. Alipius wurde zwischen 1993 und 2013 in mehreren Verfahren des sexuellen Missbrauchs in insgesamt 138 Fällen überführt und verurteilt. Opfer waren 53 Kinder. Pell lebte zeitweise mit Ridsdale in der Priesterwohngemeinschaft der Schule.
Pell wird vorgeworfen, an der Vertuschung von Missbrauchsfällen beteiligt gewesen zu sein. Einem Betroffenen, David Ridsdale, soll er nach dem Missbrauch durch dessen Onkel Gerald ein Schweigegeld angeboten zu haben. Pell weist diese Vorwürfe entschieden zurück. Die Anhörung des Kardinals wird am Dienstag fortgesetzt.
Während der Befragung in einem römischen Hotel saßen auch zehn Missbrauchsopfer beziehungsweise Eltern von Betroffenen im Saal. Teilweise trugen sie T-Shirts mit der Aufschrift "No more Silence" (Kein Schweigen mehr) oder einem Kinderbild von sich darauf. In einer Erklärung forderten sie mehr finanzielle Unterstützung der Kirche für die Leidtragenden. Deren Traumata hätten bei vielen dazu geführt, dass sie nicht für ihren Lebensunterhalt sorgen könnten oder alkoholsüchtig geworden seien. Während die Kirche den Tätern die Altersversorgung sichere, lasse sie deren Opfer materiell im Stich.
Abschlussbericht bis 2017
Die australische Missbrauchskommission war 2013 von der damaligen Premierministerin Julia Gillard eingesetzt worden, um den Umgang von Kirchen, Religionsgemeinschaften und weltlichen Institutionen mit Missbrauchsfällen zu untersuchen. Der Abschlussbericht wird für Dezember 2017 erwartet. (KNA)