Vor 425 Jahren verbot Gregor XIV. das Wetten auf Papstwahlen

Wetten, dass?

Veröffentlicht am 21.03.2016 um 00:01 Uhr – Von Björn Odendahl – Lesedauer: 
Geschichte

Bonn ‐ Aufgrund ihres Spieltriebs wetten Menschen praktisch auf alles Geld, was sich irgendwie mit einer Quote versehen lässt. Um dieses Treiben zumindest bei einem Konklave zu unterbinden, erließ Papst Gregor IX. vor 425 Jahren die Bulle "Cogit nos".

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Besonders kurios wird es jedoch da, wo die allzu irdische Versuchung, sein Geld auf bequeme Art und Weise zu vermehren, auf etwas so gar nicht Kalkulierbares trifft: nämlich das Wirken des Heiligen Geistes. Doch genau das passiert. Nämlich immer dann, wenn in der katholische Kirche wieder das "Großereignis" einer Papstwahl ansteht. Denn die Kirche glaubt, dass die Kardinäle sich während des Konklaves mit Hilfe des Heiligen Geistes - und damit göttlich inspiriert - für einen Nachfolger auf dem Stuhl Petri entscheiden. Das hält die großen Buchmacher jedoch nicht davon ab, ähnlich wie beim Pferderennen, Quoten für die Kardinäle zu vergeben.

Neu ist dieses Phänomen allerdings nicht. Bereits seit Jahrtausenden wird gewettet: auf den Sieger bei den Olympischen Spielen im antiken Griechenland, auf Gladiatorenkämpfer im alten Rom und seit vielen Jahrhunderten auch auf den Ausgang eines Konklaves. Dass der Kirche das nicht gefallen hat, beweist eine päpstliche Bulle, die an diesem Montag ihr 425-jähriges Jubiläum feiert. Denn in "Cogit nos" verbot Papst Gregor XIV. (1590/1591) am 21. März 1591 den Abschluss von Wetten auf Papstwahlen, auf die Dauer eines Pontifikates oder die Ernennung bestimmter Kardinäle. Bei Zuwiderhandlungen drohte die Exkommunikation.

"Hellseherisch" den neuen Papst erwürfeln

Über die genauen Hintergründe des Verbots lässt sich heute aufgrund der unzureichend erschlossenen Quellen nur spekulieren. Fakt ist jedoch, dass eine Papstwahl die Menschen bereits vor Jahrhunderten bewegte und mindestens rund um Rom für Aufsehen sorgte. Fakt ist auch, dass die einfache Bevölkerung in irgendeiner Weise an diesem Spektakel teilhaben wollte und deshalb spekulierte, wettete und vorhersagte, wer denn der nächste Bischof von Rom werde. So ist etwa bekannt, dass man den favorisierten Kardinälen eine Nummer zuwies - zum Beispiel die der Tür ihrer Zelle, die sie während des Konklaves bewohnten -, um dann "hellseherisch" den Sieger beim Würfelspiel zu ermitteln.

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Video: © katholisch.de

Was ist das Konklave? Ein Beitrag der Serie "Katholisch für Anfänger".

Darüber hinaus war das Wetten auf den Ausgang einer Papstwahl bis weit in die frühe Neuzeit hinein bedeutend besser kalkulierbar als heute. Denn zumeist war diese Wahl nichts anderes als der Kampf politischer Lager auf kirchlichem Schlachtfeld. Es ging um Ländereien, Geld und Macht. Die Päpste ernannten deshalb bereits vor ihrem Tod einen möglichen Nachfolger - gerne aus der eigenen Verwandtschaft - sowie eine Anzahl an Kardinälen, die diesen beim Konklave unterstützen sollten – wenn in der Regel auch ohne Erfolg. Denn "ohne Ausnahmen trugen in jenem Zeitraum nicht die Anhänger, sondern die Gegner des letzten Papstes ... den Sieg davon", schreibt Leopold von Ranke in seinem Buch "Die Geschichte der Päpste". Wer das jedoch wusste, hatte gute Chancen, seinen Wetteinsatz zu vermehren.

Papst Gregor XIV., der mit bürgerlichem Namen Niccolo Sfondrati hieß, konnte diesem Treiben jedoch nichts abgewinnen - und wollte ihm deshalb einen Riegel vorschieben. Er galt als Asket, der mehrmals die Woche fastete und von seinen Zeitgenossen deshalb gerne als "Heiliger" bezeichnet wurde. Von Politik hatte er keine Ahnung. Dafür mühte er sich umso mehr, die Beschlüsse des Konzils von Trient (1545-1563) in praktische Reformen umzusetzen. Dazu gehörten auch erste Versuche einer Spiritualisierung der Papstwahl, die mit dem Wetten auf einen Sieger nicht konform war.

Die Bulle "Cogit nos" geriet schnell in Vergessenheit

Genützt hat das Verbot letztlich jedoch kaum etwas. Gregor XIV. starb bereits nach zehn Monaten im Amt und seine Bulle "Cogit nos" geriet schnell in Vergessenheit. Die Folge: Auch heute noch wird auf die Wahl eines neuen Oberhauptes der katholischen Kirche gewettet. Und selbst wenn der Ausgang inzwischen weit weniger sicher vorhersagbar ist als noch vor einigen Jahrhunderten, gibt es noch immer Favoriten und Außenseiter auf das Papstamt - was sich auch in den Quoten niederschlägt.

Nach dem Rücktritt von Papst Benedikt XVI. im Februar 2013 galten der aus Ghana stammende Kardinal Peter Turkson mit einer Quote von 4:1, die Italiener Angelo Scola und Gianfranco Ravasi sowie der Kanadier Marc Ouellet als große Favoriten. Wer auf die deutschen Kardinäle Karl Lehmann und Walter Kasper setzte, konnte das 50- bis 100-fache seines Einsatzes gewinnen. Diözesanbischöfe wie die Kardinäle Reinhard Marx oder Rainer Maria Woelki wurden bei den Buchmachern 2013 dagegen gar nicht erst geführt. Eine Quote für sie erhielt man nur auf Anfrage.

Papst Franziskus im Papamobil
Bild: ©picture alliance / AP Photo

Auch über den Nachfolger von Papst Franziskus wird in den Wettbüros bereits spekuliert.

Entscheidend für die Quoten sind unter anderem die Herkunft des Kandidaten - einem Deutschen wurden nach Benedikt XVI. kaum Chancen eingeräumt -, seine Stellung innerhalb der Weltkirche und seine kirchenpolitischen Positionen. Dass das jedoch nicht immer entscheidend ist, hat die Wahl von Papst Franziskus gezeigt. Bei keinem Buchmacher geführt, soll er die Kardinäle vor allem mit seiner Rede während des Konklaves überzeugt haben. Wer sein Hab und Gut trotzdem auf den Mann aus Argentinien gesetzt hat, dürfte heute ein reicher Mann sein.

Wetten auf den Nachfolger von Papst Franziskus

Doch denken die großen Wettanbieter auch schon an die Zeit nach Franziskus. Immerhin hat der selbst gesagt, dass sein Pontifikat wohl nicht lange dauern werde. Bei einem der größten Wettanbieter des Vereinigten Königreichs kann deshalb schon heute auf seinen Nachfolger gesetzt werden. Zu den favorisierten Kardinälen zählen erneut der Kardinalpräfekt der Bischofskongregation, Marc Ouellet (8:1), der Bostoner Erzbischof Sean Patrick O'Malley (15:1), der zum K9-Rat gehört, und der Präsident des päpstlichen Kulturrats, Gianfranco Ravasi (17:1). Absoluter Spitzenkandidat der Wettanbieter ist allerdings der philippinische Kardinal Luis Antonio Tagle. Immerhin setzt auch der amtierende Papst seine Hoffnungen in die Kirche Asiens.

Verboten ist das Wetten für Katholiken übrigens grundsätzlich nicht. So heißt es im Katechismus: "Glücksspiele (wie Kartenspiele) oder Wetten verstoßen an und für sich nicht gegen die Gerechtigkeit. Sie werden jedoch dann sittlich unzulässig, wenn sie jemand um das bringen, was er zu seinem und anderer Menschen Lebensunterhalt braucht." (KKK 2413) Ob man als Katholik allerdings auf einen künftigen Papst wetten sollte? Nicht, wenn es nach Gregor XIV. ginge.

Von Björn Odendahl