"Ein bemerkenswertes Dokument"
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Der Papst äußert sich laut Kasper sehr biblisch und pastoral, aber nicht lehrhaft. Das Schreiben gebe wichtige Hinweise für die Ehepastoral und -begleitung in der deutschen Kirche. "Da sind wir zum Teil noch Entwicklungsland", sagte der frühere Präsident des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen.
Nach Ansicht von Kasper vertritt das Dokument eine offene Position, mit der die Bischöfe in der Bundesrepublik gut arbeiten könnten. Zum Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen, die nach katholischer Lehre vom Kommunionempfang ausgeschlossen sind, sagte der Kardinal: "Es sind Öffnungen da, ganz klar." Dem Papst gehe es um die Integration dieser Menschen in das Leben der Pfarrei.
2014 für die Zulassung ausgesprochen
Kasper hatte sich im Februar 2014 auf Wunsch von Papst Franziskus für eine Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion in gewissen Einzelfällen ausgesprochen - vor dem versammelten Kardinalskollegium im Vatikan. Von den Verteidigern der geltenden offiziellen Praxis war er dafür teils scharf kritisiert, mitunter auch angefeindet worden.
Am Freitag war im Vatikan das Schreiben des Papstes vorgestellt worden, das die Beratungen der beiden Weltbischofssynoden 2014 und 2015 zu Ehe und Familie zusammenfasst. Franziskus fordert darin von der katholischen Kirche mehr Respekt vor der Gewissensentscheidung des Einzelnen in moralischen Fragen. Zudem sei stets eine sorgfältige Prüfung des Einzelfalls und eine Güterabwägung nötig. Zugleich stärkt Franziskus die Rolle der Ortskirchen und der einzelnen Bischöfe, denen er mehr Eigenständigkeit und Interpretationsspielraum in der Anwendung der kirchlichen Lehre zugesteht.
Linktipp: Allenfalls in Einzelfällen
Beim ersten Außerordentliche Konsistorium von Papst Franziskus über aktuelle Fragen der Kirche sprach Kasper im Februar 2014 zwei Stunden und mehr als 20 Seiten lang über das Thema der kommenden Bischofssynoden.Kasper sieht in Franiskus Hoffnungsträger für Europa
Kasper äußerte sich im Aachener Rathaus beim Rahmenprogramm zur Verleihung des Karlspreises an Papst Franziskus, die am 6. Mai in Rom stattfinden soll. Er sehe in Franziskus einen Hoffnungsträger für Europa, so der emeritierte Kurienkardinal. Der in einer Krise steckende Kontinent brauche keine neuen Stacheldrahtzäune, sondern eine Vision und eine Stimme, die das Feuer der europäischen Idee neu entfachen könne. Papst Franziskus sei eine der wenigen solcher Stimmen, "vielleicht die einzige".
Laut Kasper ist sich der Papst seiner Verantwortung für Europa und den Kontinent bewusst. Er wies die Kritik zurück, dass mit Franziskus ein Lateinamerikaner den Preis bekomme, der anders als seine Vorgänger mit dem europäischen Einigungsprozess wenig zu tun gehabt habe. "Andersherum wird ein Schuh daraus", betonte der Kardinal. "Von außen, von der Peripherie her, sieht man die Dinge oft klarer und besser." Dabei spielten die Erfahrungen von Jorge Mario Bergoglio aus der Megametropole Buenos Aires eine große Rolle, in der er die negativen Auswirkungen der Globalisierung wie Armut und Elend miterlebt habe.
Kasper wies darauf hin, dass Europa lange Zeit von der globalisierten Wirtschaft profitiert habe. Nun mache die Flüchtlingskrise die andere Seite der Globalisierung deutlich. "Sie zeigt uns, dass die Konflikte und Kriege, die Armut und das Elend anderer Erdteile auf uns durchschlagen", so der Kardinal. In dieser Situation halte der Papst Europa einen Spiegel vor und zeige, dass es sich "nicht zu einer Burg mit aufgezogenen Zugbrücken zurückentwickeln" könne. (luk/KNA)