Kondome mit "Denkzettel"
Das Problem: Der Zettel gehörte nicht standardmäßig dazu, sondern war ein "Geschenk" des Apothekers. "Eine Unverschämtheit", fand die Kundin und stellte ein Foto des Zettels via Twitter online. Andere Nutzer reagierten ähnlich: "Na nicht, dass die Dinger noch mikroperforiert sind." Einer ergänzte, dass die Apotheke "inakzeptabel und nicht vertrauenswürdig" sei. Schließlich fragte ein weiterer: "Und was ist mit der Lebensbereicherung durch Geschlechtskrankheiten?"
Apotheker wirbt für verantwortungsvollen Umgang
Der Apotheker selbst, Andreas Kersten, sieht die Sache dagegen gelassen und steht zu dem, was er da tut. "Ja", sagt er katholisch.de, "diese Zettel sind von mir." Und sie sind kein Einzelfall, sondern werden von ihm regelmäßig den Kondomen beigelegt. Er wolle damit aber niemandem Vorschriften machen, betont er, sondern lediglich für einen verantwortungsvollen Umgang mit Verhütungsmitteln werben.
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Kersten ist gläubiger Katholik. Auch deshalb hat er sich dazu entschieden, die Zettel zu verteilen. Aber nicht nur. "Die Menschen sind heute viel zu materiell orientiert, auch wenn es um das Kinderkriegen geht", sagt er. Die Folge bekomme die Gesellschaft durch den demografischen Wandel bereits zu spüren. Seine Zettel seien aber lediglich eine Anregung, darüber nachzudenken, dass Kinder nicht nur finanziellen Aufwand, sondern auch Lebensfreude bedeuteten.
Er bekommt in letzter Zeit mehr Zuspruch
Das Feedback auf seine Aktion empfindet Kersten nicht so einseitig, wie es die sozialen Netzwerke und die bisherige Berichterstattung suggerierten. "Die Meinungen sind geteilt. In letzter Zeit bekomme ich aber vermehrt Zuspruch", sagt er. Er würde sich außerdem darüber freuen, häufiger mit den Kunden über die Zettel ins Gespräch zu kommen. Die größtenteils anonyme Hetze im Internet kann er dagegen nicht nachvollziehen.
Auch das Erzbistum Berlin findet das Verhalten des Apothekers nicht verwerflich, ganz im Gegenteil. Die Idee sei "originell", sagte Bistumssprecher Stefan Förner katholisch.de. Und die Hinweiszettel seien weder moralisierend noch bedrängend. Das Vorgehen von Herrn Kersten sei beispielsweise nicht mit dem von Abtreibungsgegnern vergleichbar, die vor Kliniken auf Patienten und Ärzte losgingen, so Förner.

Apotheker Andreas Kersten in seiner Undine-Apotheke. Er versieht Kondompackungen in seinem Geschäft mit einem besonderen Zettel. Darauf spricht er sich für einen "verantwortungsvollen Umgang" mit Verhütungsmitteln aus.
Kersten weiß um die Spannungen zwischen der im Grundgesetz verankerten Religions- und Gewissensfreiheit und den Berufspflichten als Apotheker. Näher eingehen möchte er darauf aber nicht. Der Geschäftsführer der Apothekerkammer Berlin, Rainer Auerbach, schrieb katholisch.de dazu: "Der Apotheker ist bei seiner Berufsausübung zu einer sachlich-fachlichen und professionellen Berufsausübung und zur Mäßigung hinsichtlich religiöser und weltanschaulicher Meinungsäußerungen verpflichtet." Allerdings sei von den Gerichten noch nicht entschieden, wo hier die Grenze verlaufe.
Auch künftig Werbung für das Kinderkriegen?
Die Apothekerkammer bezog sich bei diesem Statement allerdings auf die Frage, ob Apotheker aus Gewissensgründen die Abgabe von verschreibungs- und apothekenpflichtigen Arzneimitteln verweigern können. Auch damit hatte Kersten, bei dem die "Pille danach" zumindest in der Vergangenheit aus religiöser Überzeugung nicht über die Ladentheke ging, bereits Schlagzeilen gemacht.
Beim "Nebensortiment", also Waren, die auch im Einzelhandel erhältlich sind, sei der Apotheker laut Apothekerkammer dagegen "völlig frei, sein Angebot einzuschränken". Das trifft auch auf den Verkauf von Kondomen zu. Was das allerdings für Kerstens Hinweiszettel bedeutet, bleibt auch in der Stellungnahme der Apothekerkammer unklar. Und so kann es durchaus sein, dass Kunden von Andreas Kersten auch künftig mit "Werbung" für das Kinderkriegen überrascht werden.