Recherchen schüren Zweifel an Studie von christlichem Hilfswerk

Christenverfolgung in Flüchtlingsheimen?

Veröffentlicht am 22.05.2016 um 10:58 Uhr – Lesedauer: 
Flüchtlinge

Berlin ‐ Zeitungsrecherchen schüren Zweifel an einer kürzlich veröffentlichen Erhebung über die Unterdrückung von Christen in Flüchtlingsheimen. Das Hilfswerk, das die Studie herausgegeben hatte, warf den Kirchen Vertuschung vor.

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Das christliche Hilfswerk "Open Doors" hatte vor zwei Wochen eine Erhebung über "Religiös motivierte Übergriffe gegen christliche Flüchtlinge in Deutschland" veröffentlicht und darin von flächendeckenden Fällen von Gewalt und Drangsalierung gegenüber Christen in den Unterkünften berichtet.

Nun habe die Organisation auf Anfrage der Zeitung eingeräumt, dass fast zwei Drittel der in der Erhebung aufgeführten mutmaßlichen Opfer aus einer einzigen Gemeinde in Berlin stammten. In der Publikation heißt es aber: "Die Erhebung fand deutschlandweit statt." Auch die Nachprüfung einzelner von "Open Doors" als besonders krass dargestellter Fälle habe zu erheblichen Zweifeln an der Darstellung der mutmaßlichen Opfer geführt, berichtet die Zeitung weiter. Hintergrund sei unter anderem, dass es Kreise gebe, die versuchten, "mit Konvertiten oder angeblichen Konvertiten Politik zu machen".

Markus Rode: Kirchen vertuschen Ausmaß der Gewalt

Der Geschäftsführer von "Open Doors", Markus Rode, habe zudem im Gespräch mit der F.A.S den Vorwurf erhoben, die großen Kirchen in Deutschland würden das Ausmaß der Gewalt vertuschen. Ein Grund dafür sei, dass die Kirchen selbst Betreiber von Flüchtlingsheimen seien. Rode habe gesagt, so die Zeitung, er könne 500 Fälle von religiös motivierter Gewalt in kirchlich betriebenen Heimen nennen. Auf Nachfrage sei es "Open Doors" binnen einer Woche aber nicht möglich gewesen, einen einzigen Fall in einem kirchlich betriebenen Heim zu nennen.

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Gottfried Martens ist Pfarrer in Berlin. Zu seiner Gemeinde zählen mittlerweile rund 1.200 christliche Flüchtlinge, die ihm immer wieder von Übergriffen durch Muslime berichten. Für Martens ist klar: Das darf nicht länger verschwiegen werden.

Darüber hinaus berichtet die Zeitung, es gebe in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Beunruhigung über die "Open-Doors"-Publikation. So heiße es in einer internen Stellungnahme der Westfälischen Landeskirche: "Als Kirche haben wir nun das gleiche Problem wie die staatlichen Organisationen: Die Islamfeinde in der Kirche versuchen, uns vor sich herzutreiben." Die Erhebung sei "als unseriös abzulehnen" und weise "Züge der Pegida-Argumentationsweise" auf, zitiert die F.A.S. aus dem Papier.

Auch die katholische Kirche hatte sich nach der Publikation kritisch geäußert. Eine Quantifizierung des Problems "hält die Deutsche Bischofskonferenz aufgrund der ihr vorliegenden Informationen für nicht möglich", hatte der Sprecher der Bischofskonferenz, Matthias Kopp, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) gesagt.

"Problem muss ernst genommen werden"

Eine eigene Erhebung und Gespräche mit Betreibern hätten die Einschätzung nahegelegt, "dass Einschüchterung und Diskriminierung (bis hin zu Gewalt) gegenüber christlichen Bewohnern von Flüchtlingseinrichtungen kein geläufiges, wohl aber ein immer wieder auftretendes Problem sind, das ernst genommen werden muss". Die katholische Kirche hatte sich daher auch für die Entwicklung "besonderer Schutzmaßnahmen" ausgesprochen. (KNA)

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Die Debatte um getrennte Unterbringung von Flüchtlingen flammt erneut auf. Mehrere Berliner Seelsorger haben sich für eigene Unterkünfte für christliche Flüchtlinge ausgesprochen. Die Christen in den Heimen seien "immens unter Druck".

Ergänzung: Open Doors weist Kritik zurück

Das Hilfswerk "Open Doors" hat die Kritik aus der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (F.A.S.) am Montag zurückgewiesen. Es bestätigte zwar, dass mit 124 Personen etwas mehr als die Hälfte der Befragten in Berlin gewohnt hätten. Dies sei aber schon bei der Vorstellung der Erhebung am 9. Mai offen kommuniziert worden und sei für die Aussagekraft nicht von Belang. Dass es regional sehr unterschiedliche Rücklaufzahlen der Fragebögen gegeben habe, sei vom Engagement und der Erreichbarkeit der Bezugspersonen abhängig gewesen. In der Erhebung sei zudem nicht von "flächendeckenden Fällen von Gewalt und Drangsalierung gegenüber Christen" die Rede, sondern von "gehäuftem Auftreten". Auch habe Geschäftsführer Rode nicht behauptet, 500 Fälle von religiös motivierter Gewalt in kirchlich betriebenen Heimen nennen zu können.(gho/KNA)