Thomas Winkel über kirchliche Grabenkämpfe

Piusbrüder provozieren

Veröffentlicht am 14.07.2016 um 00:01 Uhr – Von Thomas Winkel (KNA) – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Thomas Winkel über kirchliche Grabenkämpfe

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Zwei denkwürdige Aktionen in zwei Wochen - die traditionsfixierten Piusbrüder provozieren wieder mal, nicht zuletzt den Papst. Ab Freitag hat die von Rom nicht anerkannte Gruppe erneut zu einem "Rosenkranz-Kreuzzug" aufgerufen. Als ob das Wort Kreuzzug nicht belastet wäre! Doch das Verbindende zwischen den Religionen hat sich die Bruderschaft ohnehin nicht auf ihre alten Fahnen geschrieben.

Der zweite Akt der Traditionalisten ist, salopp gesagt, ein Tritt vors Schienbein von Papst Franziskus. Vor einigen Tagen vollzogen sie wieder Priesterweihen in Eigenregie – nahezu ohne öffentliches Echo. Die Weihen sind aus römischer Sicht unerlaubt, aber nicht ungültig, und auf diese Feinheit setzen die Mannen um den Generaloberen Fellay.

Die regelmäßigen Affronts irritieren. Und es überrascht, mit welcher Milde Rom zuschaut. Denn die Vorgänge belasten die Gespräche um eine Einigung zwischen dem Vatikan und der kleinen, kämpferischen Truppe. Zuletzt hatten die Chefs beider Seiten eher Signale einer behutsamen Verständigung ausgesandt. Aber nun schießt der Pius-Obere neue spitze Pfeile Richtung Franziskus: In der Kirche herrschten derzeit große Verwirrung und Irrtümer – "unseligerweise begünstigt durch eine große Zahl von Hirten bis hin zum Papst selbst." Gefordert sei künftig ein Papst, "der für die Rückkehr der heiligen Tradition steht".

Die Piusbrüder schwelgen in Erinnerung an eine vermeintlich bessere Epoche, schwärmen von Rückkehr und Tradition. Kaum ein Gedanke an heutige "Zeichen der Zeit" oder an die lateinische (!) Maxime "Ecclesia semper reformanda"...

Zum Hintergrund: Die abtrünnige Bruderschaft lehnt wesentliche Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils ab, vor allem zu Religionsfreiheit und Judentum - ohne deren Anerkennung aber, so betont der Vatikan, keine volle Gemeinschaft. Auf dieser Linie sollte Rom der Klarheit halber bestehen. Und wäre es nicht wenigstens ein kleines Zeichen von Menschen guten Willens, wenn sich bis zur Klärung die Piusbrüder mit weiteren kirchenrechtlich unerlaubten Weihen einfach zurückhielten?

Der Autor

Thomas Winkel ist Chef vom Dienst der Katholischen Nachrichten-Agentur in Bonn.

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Von Thomas Winkel (KNA)