Bin ich ein Versager? Glaube.Leben.
Wir alle haben Vorstellungen vom Gelingen eines Lebensentwurfs, eines Vorhabens oder Ideals in unserem Leben im Kopf. Und dann erleben wir, dass sich Dinge ganz anders entwickeln als wir gedacht haben. Wir scheitern und wir versagen und wir müssen lernen, mit diesen schmerzhaften Momenten umzugehen.
Solche Erfahrungen sind äußerst schmerzhaft, weil sie den Schutzmantel unserer Identität angreifen und wir plötzlich vor uns selbst und vor anderen ganz anders dastehen als wir eigentlich vorhatten. Manchmal müssen wir aber dann auch schlicht und ergreifend erkennen, dass unser soziales Image, in dem wir gelebt haben, uns ziemlich eingeengt hat. Eines darf in solchen Irritationen allerdings nicht passieren: Wir dürfen nicht dazu kommen, dass wir unser Versagen damit gleichsetzen, dass wir selbst Versager sind. Das ist nicht der Fall. Ja wir versagen immer wieder in diesem Leben in entscheidenden Momenten. Das bedeutet aber nicht, dass wir wirklich auch Versager sind. Denn wenn diese Haltung am Ende gewinnt, dann hat das ziemlich selbstzerstörerische Konsequenzen. Weil Scham und weil morbide Seiten plötzlich in uns erwachen.
Zum Versagen gehört manchmal auch schlicht und ergreifend eine falsche Vorstellung vom Gelingen und ein falsches Ideal. Ein Ideal ist immer dann falsch, wenn es die Wirklichkeit überspringt. Und dann muss sich die Wirklichkeit mit Widerstand melden und uns deutlich machen, dass sie keine Knetmasse ist, über die wir frei verfügen können. Es gibt Dinge in unserem Leben, die können wir ändern, und es gibt Dinge, die müssen wir schlicht und ergreifend hinnehmen und manchmal auch ertragen. Und die große Kunst besteht darin, das eine vom anderen weise unterscheiden zu lernen, damit wir am Ende nicht bei einem frustrierten „So ist es“ auskommen, sondern einem lebensbejahenden „So ist es!“.
„Irren ist menschlich“ heißt ein schönes Sprichwort und in der Regel dient es dazu, unser Versagen als verzeihlich zu entschuldigen. Schaut man in das Original, hat Augustinus eigentlich etwas anderes gesagt. Er formulierte: „Irrens ist menschlich, aber im Irrtum zu verharren, ist teuflisch.“ Augustinus machte damit deutlich, dass Versagen und Irrtum zur Grundbedingung des Menschseins dazu gehören. Das ist nun einmal so. Teuflisch und tückisch wird es an dem Punkt, wo wir uns auf unser Versagen reduzieren lassen und darin stecken bleiben. Deswegen ist es für uns Christen immer wichtig, dass wir uns daran erinnern, dass wir vor Gott mehr Wert sind, als wir vor uns selbst Wert sind und vor anderen. Und was das meint, wird an keiner anderen Person so schön deutlich wie an Petrus.
Zwischen seiner Berufung zum Fels der Kirche und Jesu entnervtem Ausruf „Weg mit dir, du Satan.“ liegen in der Bibel gerade einmal vier Verse. Immer wieder versagt Petrus in entscheidenden Momenten, wo es eigentlich darauf ankäme, seinen Mann zu stehen. Und dennoch verliert Jesus nicht seinen Glauben an ihn. Er traut es ihm zu, seine Botschaft in die Welt hinauszutragen. Und das gilt für jeden einzelnen von uns. Gott sieht unser Potenzial durch alles Versagen hindurch. Und Gott schreibt seine Geschichte mit uns, eine Geschichte, in der wir laufend aufgewertet werden.
Im Video-Format "Glaube.Leben." beantwortet Christian Olding Fragen, die sich jeder irgendwann einmal stellt. Die katholisch.de-Serie will Orientierung für das eigene Leben mit dem Glauben geben. Aus seiner persönlichen und beruflichen Erfahrung heraus nimmt Pfarrer Olding den Zuschauer an die Hand. Dabei bedient er sich in gewohnter Manier klarer Worte und Bilder. Jeden Monat erscheint eine neue Folge auf katholisch.de und in unserem YouTube-Kanal.