Kommen sich Rom und die Piusbrüder näher?
Dabei war mit Beginn des Pontifikats der Dialog zwischen Rom und den Konzilsgegnern um den exkommunizierten Erzbischof Marcel Lefebvre (1905-1991) praktisch zum Erliegen gekommen. Benedikt XVI., der sich als Präfekt der Glaubenskongregation bereits vor dem Bruch von 1988 um den Erhalt der Kircheneinheit bemühte, startete später immer wieder Einigungsbemühungen. Nach der umstrittenen Rücknahme der Exkommunikation für den Holocaustleugner Richard Williamson 2009 leitete er einen Expertendialog ein, der letztlich aber erfolglos blieb.
Die Piusbrüder weigerten sich, nach den zweijährigen Gesprächen von 2010 bis 2011 ein Einigungsdokument zu unterzeichnen - eine "Präambel" - mit der sie das gesamte Lehramt der katholischen Kirche einschließlich des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) und der katholischen Liturgie akzeptiert hätten. Auch mehrere Ultimaten verstrichen damals - ohne Folgen. Und Franziskus ließ die Angelegenheit nach seiner Wahl zunächst ruhen.
Überraschung zum Heiligen Jahr
Etwas überraschend signalisierte er zum Heiligen Jahr der Barmherzigkeit den Piusbrüdern Entgegenkommen. Für dessen Dauer gestattete er allen Gläubigen, bei Priestern der Bruderschaft gültig und legitim zu beichten. Und er verband die Anordnung vom 1. September 2015 mit der Hoffnung, dass "in naher Zukunft Lösungen gefunden werden können, um die volle Einheit mit den Priestern und Oberen der Bruderschaft wiederzugewinnen".
Diese Hoffnung schöpfte er offensichtlich auch aus einer Reihe von Besuchen, die römische Bischöfe in den vergangenen zwei Jahren bei Institutionen der Bruderschaft gemacht hatten. Die Initiative, an der sich unter anderen Kardinal Walter Brandmüller, der kasachische Weihbischof Athanasius Schneider und der Schweizer Bischof Vitus Huonder von Chur beteiligten, war mit der zuständigen Vatikankommission "Ecclesia Dei" koordiniert. Sie berichteten anschließend von lebendigen Priesterseminaren und einer regen Seelsorge.
Offenbar war das für den Papst der Anlass, auch selbst das Gespräch zu suchen und durch Begegnungen ein Vertrauensklima zu schaffen. Typisch für Franziskus, der gerne in schwierigen Situationen den direkten Kontakt sucht und der den "Gang an die Peripherien" zu den Postulaten seines Pontifikats gemacht hat.
Fellay: Keine "Unterwerfung" unter das Konzil
Allerdings lässt sich die Kircheneinigung nicht allein durch freundliche Begegnungen erzielen. Sie könnten die theologische Klärung nicht ersetzen, betont man im Vatikan. Grundlage bildet weiterhin die Präambel vom September 2011. Für den Fall einer Einigung soll die Priesterbruderschaft als eigene Personalprälatur eine Zukunft innerhalb der katholischen Kirche finden, lautete damals die Zusage.
Themenseite: Traditionalisten
Lange spielten sie in der öffentlichen Wahrnehmung kaum eine Rolle. Doch als Papst Benedikt XVI. die Messe nach tridentinischem Ritus 2007 wieder erlaubte, fanden auch sie wieder mehr Beachtung: die Traditionalisten. Die bekanntesten unter ihnen sind die Piusbrüder.Aber zu einer solchen Anerkennung des Konzils sind die Piusbrüder offenbar weiterhin nicht bereit. In einer Erklärung vom 3. März lehnt Fellay auf seiner Homepage eine solche "Unterwerfung" unter das Konzil ab. Er will nur die Aussagen akzeptieren, die bereits durch die bisherige kirchliche Tradition abgedeckt sind. Und er verlangt von Rom, dass Punkte des Anstoßes wie Religionsfreiheit, Ökumene, Kollegialität oder die Neue Messe erneut zur Debatte gestellt werden.
Mit der Audienz für Fellay ist Franziskus einen Schritt auf die Traditionalisten zugegangen, die ihrerseits jedoch sehr uneins sind. Dem als gemäßigt geltenden Fallay stehen Hardliner gegenüber, die den Kontakt mit Rom grundsätzlich skeptisch sehen. Nach internen Spannungen der vergangenen Jahre hat Fellay zugesagt, alle Schritte mit dem Vatikan künftig zuvor mit der Bruderschaft abzustimmen.