Protestantin: Brauche "gute Nerven" für Jugendsynode
Julia Braband aus Erfurt wird eine der wenigen Nicht-Katholiken bei der Jugendsynode im Vatikan sein. Für die Studentin der Evangelischen Theologie ist Ökumene eine Selbstverständlichkeit. Sie wünscht der katholischen Kirche, dass sie junge Ehrenamtliche besser in die Leitung der Kirche einbindet. Doch mit Blick auf die evangelische Kirche gibt sich die Protestantin auch selbstkritisch.
Frage: Frau Braband, war Ihre Berufung als Gast für die Jugendsynode im Vatikan für Sie eine Überraschung?
Braband: Ja, eine große, denn damit hatte ich nicht gerechnet. Als ich die E-Mail vom Lutherischen Weltbund (LWB) bekommen habe, in der mich der Generalsekretär fragte, ob ich an der Jugendsynode teilnehmen könnte, dachte ich mir: Krass! Sehr gerne! Denn ich beschäftige mich derzeit sehr mit dem Thema Jugendpartizipation. Es passt also!
Frage: Ist die katholische Kirche für Sie Neuland?
Braband: Ich habe sehr viele Berührungspunkte mit Katholiken, gerade im Jugendverband. Auf Kirchenkreisebene arbeiten wir viel mit katholischen Jugendlichen zusammen, besonders in Kooperation mit dem Bistum Erfurt. Im Landesjugendkonvent haben wir immer Gäste aus dem BDKJ. Auch bei mir in der Familie gibt es mehrere Konfessionen: Ich habe eine katholische Tante, aber der restliche Teil der Familie ist evangelisch.
Frage: Das sind doch gute Voraussetzungen für die Teilnahme an der Jugendsynode…
Braband: Ja, das stimmt. Aber die katholische Weltkirche ist ja doch etwas anderes, als die Gemeindeebene.
Frage: Was verbinden Sie mit der katholischen Kirche? Gibt es dabei besonders positive oder negative Aspekte?
Braband: Oha! (lacht) Ich denke besonders an die vielen tollen Veranstaltungen, die wir zusammen mit katholischen Jugendlichen auf die Beine stellen. Es ist so wichtig, dass wir uns in der Ökumene klar machen, dass wir auf einem gemeinsamen Grund stehen – auch wenn für mich feststeht, dass ich Lutheranerin bin und nicht zur katholischen Kirche konvertieren würde. Der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche und wie damit umgegangen wird, haben mich sehr schockiert. Aber es ist natürlich klar, dass keine Kirche frei von Sünde ist. Das gilt sowohl für die katholische als auch die evangelische Kirche.
Frage: Wegen des Missbrauchsskandals gibt es Stimmen in der Kirche, die fordern, deshalb die Bischofssynode zum Thema Jugend abzusagen. Teilen Sie diese Meinung?
Braband: Ich würde ihnen vehement widersprechen, denn ich glaube, das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Die Ursache für Missbrauch liegt an einer anderen Stelle. Ich kenne so viele junge Katholiken, die ihre Kirche gerne mitgestalten würden, es aber wegen der festgefahrenen Strukturen nicht können. Ich fände es aber merkwürdig, wenn das Thema Missbrauch während der Jugendsynode nicht zur Sprache kommen würde. Das beschäftigt die Kirche derzeit nun einmal. Aber der Papst hat ja im nächsten Jahr zu einer Versammlung der Spitzen der nationalen Bischofskonferenzen zu diesem Thema in den Vatikan eingeladen. Ich bin gespannt, was wir von diesem Treffen erwarten können.
Frage: Die Jugendsynode dauert drei Wochen. Werden Sie die ganze Zeit vor Ort sein?
Braband: Ich bin leider nur eine Woche dort, weil ich die Einladung relativ spät bekommen habe. Ich muss die Zeit in Rom schließlich mit den Veranstaltungen an der Uni unter einen Hut bekommen.
Frage: Was erwarten Sie bei der Synode tun?
Braband: Ich werde meine Rede halten und hoffe, dass sie die versammelten Bischöfe zum Nachdenken anregt. Der Text ist übrigens schon fertig…
Frage: Können Sie uns einen kleinen Vorgeschmack auf den Inhalt geben?
Braband: Eigentlich möchte ich es nicht verraten, aber vielleicht so viel: Es wird vor allem um Jugendpartizipation gehen. Gerade weil ich den LWB vertrete, werde ich auch von der Jugendquote von 20 Prozent in unseren Gremien reden, die eine Selbstverständlichkeit sind. Es geht dabei um das Wahrnehmen, Ernstnehmen und Gehörtwerden von Jugendlichen. Aus meiner Perspektive will ich dazu Denkanstöße geben. Ich hoffe deshalb sehr, dass es nach der Synode nicht zu einem leeren Papier kommt.
Frage: Was meinen Sie damit?
Braband: In kirchlichen Gremien verfassen wir immer so gerne Papiere, in denen viele Erklärungen mit guten Absichten drin stehen. Ich fände es sehr schade, wenn auch bei der Jugendsynode nur ein belangloses Papier entstehen würde, das an der Lage der Jugendlichen in der Kirche nichts ändert.
Frage: Was sind Ihre konkreten Wünsche an die Synode?
Braband: Ich fand es super, dass es eine Vorsynode gab, auch wenn nun kaum ein Jugendlicher bei der Bischofssynode dabei sein wird. Ich fände es gut, Jugendliche einzuladen und direkt mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Ich hoffe, dass es eine Partizipationsmöglichkeit gibt, doch natürlich weiß ich, dass das System schwer zu verändern ist. Auf Dauer wird es nicht funktionieren, dass die Leitung der Kirche allein entscheidet. Man muss auch Ehrenamtliche einbeziehen, sie beteiligen und selbstverständlich auch auf sie hören. Etwas, das übrigens auch in der evangelischen Kirche nicht immer gut funktioniert.
Frage: Damit befinden Sie sich auf der Linie, die sich auch Papst Franziskus für die Bischofssynoden und ihren Ablauf wünscht. Vor etwa zwei Wochen hat der Papst deshalb die Konstitution "Episcopalis communio" erlassen.
Braband: Ich fand es sehr gut und spannend, dass das Dokument des Papstes noch im Vorfeld der Synode rausgekommen ist. Die Kirche ist wesentlich zukunftsfähiger, wenn sich alle beteiligen können.
Frage: Als Sie getweetet haben, dass Sie bei der Jugendsynode dabei sind, hat einer Ihrer Follower Ihnen bei Twitter "gute Nerven" für die Zeit in Rom gewünscht. Werden Sie die brauchen?
Braband: Ja, ich glaube schon. Im Vorfeld der Synode habe ich mit einem Freund, einem Kenner der katholischen Kirche, die Teilnehmerliste analysiert. Er hat mir Tipps gegeben, wie ich zu den Bischöfen vordringen kann. Einige sind ja eher schwierig. Und ich frage mich, wie offen die Ohren wirklich für das Thema sind. Um zu vermitteln, dass man die Jugend beteiligen muss und die Kirche viel mehr ihre Lebenswelt wahrnehmen muss, braucht man natürlich gute Nerven.
Frage: Haben Sie sich schon mit den anderen deutschen Teilnehmern vernetzt?
Braband: Es sind ja nicht viele (lacht). Aber ich kenne Thomas Andonie vom BDKJ schon länger und wir haben im Vorfeld mehrfach telefoniert. Wir wollen uns vernetzten und für die Jugend einstehen, um zu zeigen: Wir sind da und wollen etwas bewegen.