Kölner Jurist Otto Depenheuer spricht in Trier über Staat-Kirche-Verhältnis

Staatsrechtler sieht Chance in der Säkularisierung

Veröffentlicht am 11.03.2016 um 15:20 Uhr – Lesedauer: 
Ein Kreuz und eine Deutschland-Flagge.
Bild: © KNA
Gesellschaft

Trier ‐ In der Säkularisierung liegt auch eine Chance für die Kirche, sagt der Kölner Staatsrechtler Otto Depenheuer. Denn noch habe sie die Möglichkeit, diesen schmerzhaften Prozess aktiv mitzugestalten. Dies gelte besonders für die Kirche in Deutschland.

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Zwar gebe es in Deutschland zurzeit ein wohlwollendes Klima zwischen Staat und Kirchen, doch sei jederzeit damit zu rechnen, dass sich unter anderen parteipolitischen Konstellationen eine kirchenfeindliche Linie durchsetze, fügte der Jurist hinzu. Auch der Artikel 140 des Grundgesetzes sei keine Garantie. "Die Kirche kann sich auf ihren privilegierten Status nichts einbilden", warnte der Experte. Depenheuer verwies auf das Beispiel Luxemburgs, wo es bei den 2015 eingeleiteten Staat-Kirche-Reformen zu massiven Einschnitten für die Kirche gekommen sei.

"Ich habe den Eindruck, die Kirche in Deutschland hat noch nicht den Mut der Kirche in Luxemburg, sich auf die Wurzeln zu besinnen", so Depenheuer. Dazu gehöre eine Offenheit für die säkularisierte Gesellschaft und eine Konzentration auf die Glaubensverkündigung. Der Wissenschaftler sprach bei der Jahrestagung der Gesellschaft Katholischer Publizisten, bei der der Wandel des Staat-Kirche-Verhältnis am Beispiel Luxemburgs erörtert wurde. 

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Der Erzbischof von Luxemburg, Jean-Claude Hollerich, berichtete, dass sich die Kirche im Großherzogtum auf massive finanzielle Einschnitte einstellen müsse. In dem Land, in dem es keine Kirchensteuer gibt, habe die Regierung beschlossen, der Kirche künftig deutlich weniger Zuschüsse zu gewähren. Derzeit werde heftig um die Frage gerungen, wie der Unterhalt der Kirchengebäude finanziert werden kann.

Erzbischof kritisiert Abschaffung des Religionsunterrichts

Die Gläubigen dürften sich jedoch nicht nur mit Strukturen beschäftigen, sondern müssten missionarischer werden, erklärte Hollerich. Die Reformen hätten auch einen heilsamen Effekt: "Obwohl es weh tut, hilft es doch, sich neu aufzustellen für die Zukunft." Hollerich kritisierte die beschlossene Abschaffung des konfessionellen Religionsunterrichts im Großherzogtum. Die Regierung habe den Vorschlag der Kirchen sowie der anderen Religionsgemeinschaften abgelehnt, einen überkonfessionellen Religionenunterricht einzuführen. Dies wäre nach den Worten Hollerichs eine einmalige Chance für Christen, Muslime, Juden und andere Gemeinschaften gewesen, ihre Konfessionen präsentieren und den Schülern dadurch Werte vermitteln zu können. (KNA)

Linktipp: Lehren aus Luxemburg

Seit Januar sind Kirche und Staat in Luxemburg offiziell getrennt. Der ehemalige Generalvikar der Erzdiözese, Erny Gillen, zieht nun Bilanz eines Prozesses, der auch einmal auf die deutsche Kirche zukommen könnte.