Thomas Seiterich über das Treffen zwischen Papst und Patriarch

Großes Risiko für Franziskus

Veröffentlicht am 12.02.2016 um 00:01 Uhr – Von Thomas Seiterich – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Thomas Seiterich über das Treffen zwischen Papst und Patriarch

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Ganz gleich, wie das Treffen heute abend europäischer Zeit in der kubanischen Hauptstadt Havanna ausgeht: Der 12. Februar 2016 geht als ein historisches Datum in die Geschichte ein. Denn zum ersten Mal seit der Kirchenspaltung zwischen Ost- und Westkirche Anno 1054, also vor nahezu tausend Jahren, trifft ein römischer Papst einen russisch-orthodoxen Patriarchen, also das Oberhaupt der weitaus größten Nationalkirche innerhalb der orthodoxen Christenheit.

Für Papst Franziskus und Rom bedeutet dieses historische Treffen einen großen, ökumenischen und kirchendiplomatischen Erfolg. Symbolisiert die Begegnung doch, dass der römische Petrus-Nachfolger Sprecher der gesamten Christenheit ist. Einzig die Kirchenleitung in Moskau, keine andere Konfession hatte in den letzten Jahrzehnten hartnäckig solch ein Spitzentreffen verweigert. Weshalb? Seit dem Ende der Sowjetunion 1991 war die russische Orthodoxie auf Distanz gegangen, denn sie fühlte sich von Rom unfair attackiert, etwa durch die Errichtung katholischer Diözesen in Russland. Und mit dem Polen Johannes Paul II. und dem Deutschen Benedikt XVI. wollten sich die Moskauer Patriarchen eingedenk der leidvollen Geschichte des 20. Jahrhunderts nicht treffen – obgleich die Päpste - einschließlich Franziskus – alles nur Erdenkliche unternahmen, um zu einem Treffen wie heute in Havanna zu gelangen.

Im Hintergrund zieht Staatschef Putin die Fäden: Er ist seit Jahren mit Franziskus im Gespräch und will nun, dass der Patriarch den Papst trifft, damit die Boykottfront Europas gegen das in der Ukraine imperialistische Russland geschwächt werde. Hierfür seien Nettigkeiten und Umarmungsfotos zwischen Patriarch und Papst dienlich, heißt es in Moskau. Hierfür stelle die russische Orthodoxie den kleinlichen Kirchenstreit mit den mit Rom unierten Griechisch-Orthodoxen in der Ukraine vorübergehend hintan.

Patriarch Kyrill I. gilt als ein Gefolgsmann des russischen Führers Putin. Kyrill bezeichnet den russischen Kriegseinsatz in Syrien als "heiligen Krieg" gegen den islamistischen Terrorismus und zum Schutz der bedrohten Christen. Wird ihm der Papst widersprechen? Er vertritt eine völlig andere Sicht auf den Krieg in Syrien. Kyrill riskiert wenig bei der Begegnung in Havanna. Papst Franziskus riskiert viel, denn litte seine Glaubwürdigkeit, wäre das ein großer Schaden.

Der Autor

Thomas Seiterich ist Redakteur der Zeitschrift "Publik-Forum".

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Von Thomas Seiterich