Standpunkt

Wegen der Kirche: Schwermut am Jahreswechsel

Veröffentlicht am 03.01.2019 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Rund um den Jahreswechsel hatte Theresia Kamp Zeit, darüber nachzudenken, wie es um die Kirche steht. Die Vertuschung von Missbrauch und die anderen Dauerbaustellen liefern genügend Gründe, um melancholisch zu werden.

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Ich weiß nicht, wie es Ihnen ging, aber mich ließen die Tage rund um den Jahreswechsel schwermütig werden. Der Advent und die Weihnachtstage – da halfen auch gute Vorsätze und per WhatsApp zugeschickte Kerzen-Bildchen nichts – waren im Wesentlichen doch wieder stressige Zeiten. Erst danach kehrte Ruhe ein, die viel Raum bot, der vorbeigerauschten Zeit nachzutrauern; und natürlich über die Schwierigkeiten des vergangenen Jahres und die Herausforderungen des neuen zu reflektieren.

Als Theologin denke ich auch darüber nach, wie es um die Kirche steht. Meine Emotionen in Bezug auf die irdische Institution Kirche im vergangenen Jahr waren vor allem Wut und Fassungslosigkeit angesichts von Missbrauch und Vertuschung, und diese Gefühle kamen bei jeder neuen wortreichen Erklärung eines Kirchenvertreters anstelle des schlichten Satzes "Ich, ich habe Schuld" mit voller Wucht wieder hoch.

Hinzu kommen die Dauerbaustellen: zahlreiche Kirchenaustritte, der Mangel an haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern, der geringe Elan, Menschen für den christlichen Glauben begeistern zu wollen, der Rückgang an Eucharistiefeiern, die doch eigentlich der Höhepunkt kirchlichen Lebens sein sollten, lustlos gefeierte und schlecht besuchte Liturgien, Kirchenabrisse und -profanierungen, Klosterschließungen, Pläne über Strukturreformen, die die Frage aufwerfen, ob sie die Kirche für die Menschen erreichbarer machen oder sie endgültig von ihnen entfernen, etc.

Genügend Gründe also, um melancholisch zu werden. Man kann sich von Schwermut lähmen lassen, den Status quo als indiskutabel abtun und sich innerlich von der Realität verabschieden. Schwermut birgt aber ein Potential, denn zunächst zeigt sie, dass einen die Situation der Kirche nicht kalt lässt, dass es einem nicht egal ist, wenn Menschen sich von der Kirche abwenden, und dass man die Probleme ernstnimmt.

Im besten Fall wirkt Schwermut sogar produktiv und trägt dazu bei, jenseits von aufreibenden Einzelfragen den Fokus wieder auf das Wesentliche zu richten. Mir hilft es, mich mit Anderen auszutauschen, die ebenfalls mit der Kirche ringen, die Texte früherer Theologen zu lesen und festzustellen, dass sie sich schon vor Jahrzehnten, teilweise sogar vor Jahrhunderten, ähnliche Fragen stellten wie ich mir, und das Gebet – vielleicht gibt es ja jetzt, nach Weihnachten, auch wieder etwas mehr Ruhe dafür …

Von Theresia Kamp

Die Autorin

Theresia Kamp ist Theologin und Romanistin. Sie arbeitet als freie Mitarbeiterin für verschiedene katholische Medien.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.