Schatten über Steinmeier
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Na endlich! Nach monatelangem Gezerre und teils unwürdigen Diskussionen hat sich die Große Koalition doch noch auf einen gemeinsamen Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten geeinigt. Außenminister Frank-Walter Steinmeier soll im Februar Nachfolger von Joachim Gauck werden - und angesichts der Mehrheitsverhältnisse in der Bundesversammlung kann die Wahl des 60-jährigen SPD-Politikers wohl als sicher gelten.
Keine Frage: Frank-Walter Steinmeier ist ein guter Kandidat für das höchste Staatsamt. Und er bringt alle Eigenschaften mit, um auch ein guter Bundespräsident zu werden. Der oberste Diplomat der Bundesrepublik ist ein Mann des Ausgleichs, er ist weltoffen, besonnen und verfügt über große politische Erfahrung. Zudem zählt Steinmeier schon seit Jahren zu den beliebtesten Politikern Deutschlands.
Ist damit also alles gut?
Nein, denn über Steinmeiers Nominierung für das Präsidentenamt und der Personalie selbst liegen einige Schatten. Zum einen entstand in den vergangenen Wochen wieder einmal der fatale Eindruck, das höchste Staatsamt sei bloße Verfügungsmasse der Parteien. Wie auf einem Basar wurden von Union und SPD zahllose Namen in den Kandidaten-Ring geworfen, nur um danach ebenso schnell wieder verworfen zu werden. Bei allen Vorschlägen musste zudem immer auch das machtpolitische Signal mit Blick auf die Bundestagswahl mitgedacht werden - schädlich für das über dem politischen Tagesgeschäft angesiedelte Präsidentenamt.
Auch die Tatsache, dass die Große Koalition mit einem gemeinsamen Kandidaten in die Bundesversammlung geht, ist bei genauerer Betrachtung kein Grund zum Jubeln. Zwar betonen Union und SPD, dass sie mit Frank-Walter Steinmeier bewusst ein Signal gegen die erstarkenden populistischen Strömungen und für den Konsens der demokratischen Kräfte setzen wollen. Doch wäre ein demokratischer Wettstreit mehrerer aussichtsreicher Kandidaten nicht das viel stärkere Signal? Eine offene Debatte unter Beteiligung der Bevölkerung statt Hinterzimmer-Kungelrunden der Mächtigen - das hätte der Demokratie mehr Ehre gemacht.
Und schließlich hat auch der Kandidat Steinmeier seine Schwächen: Er ist zweifellos ein Mann des "Systems". Ob gerade er - der noch dazu eine Vergangenheit als "Erfinder" der von vielen Menschen als unsozial empfundenen Agenda 2010 hat - in der Lage seien wird, die immer weiter aufbrechenden Gräben innerhalb der Gesellschaft sowie zwischen "denen da oben" und Teilen der Bevölkerung zuzuschütten, bleibt abzuwarten.