Stephan Wahl über das heutige Sonntagsevangelium

Der Schweigende

Veröffentlicht am 18.12.2016 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
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Bonn ‐ Am 4. Adventssonntag geht es im Evangelium um einen, von dem kein einziges Wort überliefert ist: Josef. Vielleicht verschlägt die Botschaft des Engels ihm die Sprache, schreibt Monsignore Stephan Wahl.

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Impuls von Stephan Wahl

Das Evangelium des heutigen 4. Advents stellt uns nach dem prophetischen, wilden und wortgewandten Feuerprediger Johannes der die vorherigen beiden Sonntage prägte, einen Menschen vor, von dem uns kein einziges Wort überliefert ist: Josef von Nazareth. Ich wüsste gern was er selbst zu der Situation gesagt hat in die er sich plötzlich gestellt sieht: seine Braut, mit der er, die strengen Gesetze seiner Zeit und Religion befolgend, unverheiratet noch nicht "zusammengekommen" war, wie es der Evangelist Matthäus vornehm formuliert, ist schwanger.

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der Mann Josef zuerst auch den Gedanken im Kopf hatte, der auf der Hand zu liegen schien: Maria musste ihn betrogen haben. Für einen liebenden Menschen wohl mit das Schlimmste, was geschehen konnte. Wahrscheinlich war die Hochzeit schon in Planung und jetzt diese Nachricht. Eine Hiobsbotschaft. Josef hätte toben, ausrasten, Maria mit wilden Beschimpfungen versehen können, aber dies macht er nicht. Er beschloss sich in Stille zu trennen um Maria nicht bloßzustellen, wie es im Evangelium heißt. Seine Liebe ist auch da noch stärker als die Traurigkeit und die Verwundung, die er sicher gespürt hat. Mehr kann er nicht tun. In diese Gedanken, in denen er Abschied nehmen musste von der Zukunft mit Maria, erscheint ihm im Traum ein Engel. Und wenn Engel nichts anderes sind als Aussagen von Gott her, die Gestalt angenommen haben, dann erfährt Josef durch Gott selbst die befreiende Aussage, die einerseits alle seine Sorgen und Zweifel gegenüber Maria ausräumt und ihn darüber hinaus in eine Wirklichkeit hineinnimmt, die sein Begreifen übersteigt, die auch mein Begreifen übersteigt: Gott will Mensch werden. Es verschlägt Josef die Sprache könnte man meinen.

Mir gefällt mehr der Gedanke, dass der schweigende Josef ein lebendiges Symbol für das wortlose Staunen ist, das einen angesichts dieses Wunders erfüllt. Josef nimmt Maria zu sich aber damit sind für ihn alltägliche Probleme und Irritationen sicher nicht vom Tisch. Das Getuschel, das Gerede über den unverheirateten Mann mit seiner schwangeren Gefährtin wird es sicher gegeben haben. Nach der Stärkung durch Gott können Maria und Josef dies aushalten. Leicht wird es nicht gewesen sein. Die Stärkung hat einen Namen und ein Programm. Josef erfährt im Traum wie das Kind, das Maria erwartet, heißen soll: Immanuel, was soviel heißt wie Gott ist mit uns. Dass Gott auf so besondere Weise in ihrer werdenden Familie mit ihnen sein wird, kann Josef da nur erahnen. Dass Gott diese Zusage der ganzen Welt gegeben hat und dazu steht, feiern wir bald wieder an Weihnachten.

Von Stephan Wahl

Evangelium nach Matthäus (Mt 1, 18-24)

Mit der Geburt Jesu Christi war es so: Maria, seine Mutter, war mit Josef verlobt; noch bevor sie zusammengekommen waren, zeigte sich, dass sie ein Kind erwartete - durch das Wirken des Heiligen Geistes.

Josef, ihr Mann, der gerecht war und sie nicht bloßstellen wollte, beschloss, sich in aller Stille von ihr zu trennen. Während er noch darüber nachdachte, erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sagte: Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist.

Sie wird einen Sohn gebären; ihm sollst du den Namen Jesus geben; denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen. Dies alles ist geschehen, damit sich erfüllte, was der Herr durch den Propheten gesagt hat: Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen, einen Sohn wird sie gebären, und man wird ihm den Namen Immanuel geben, das heißt übersetzt: Gott ist mit uns. Als Josef erwachte, tat er, was der Engel des Herrn ihm befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich.

Der Autor

Monsignore Stephan Wahl ist als Priester im Bistum Trier Kooperator in der Pfarreiengemeinschaft Waldrach und beauftragt mit medialer Verkündigung. Er ist Mitglied im Rundfunkrat des SWR.