Neuer US-Kongress hat mehr Katholiken denn je
Der Sprecher des US-Repräsentantenhauses, Paul Ryan (Republikaner), und die Minderheitsführerin der Demokraten, Nancy Pelosi, haben eines gemeinsam: Die beiden politischen Kontrahenten begreifen sich als praktizierende Katholiken. Dass sie heute wie selbstverständlich an der Spitze ihrer Fraktionen im Repräsentantenhaus stehen, zeigt, wie wenig die konfessionellen Überzeugungen in der US-Politik noch einer Karriere im Weg stehen.
Tatsächlich haben sich über die Jahre die Gewichte immer mehr von den Protestanten hin zu den Katholiken verschoben. Diese stellen laut einer am Dienstag veröffentlichten Erhebung des Washingtoner Meinungsforschungsinstituts Pew im neugewählten Repräsentantenhaus 33 Prozent, im Senat 24 Prozent der Mitglieder. Gemessen an ihrem Anteil an der Gesamtwählerschaft sind katholische Abgeordnete damit klar überrepräsentiert.
52 Prozent der Katholiken für Trump
Katholiken machten bei den Wahlen im November 2016 insgesamt 23 Prozent der Wählerschaft aus. Laut Nachwahl-Umfragen stimmten 52 Prozent für Donald Trump und 45 Prozent für Hillary Clinton. Der Anteil der Protestanten fiel dagegen im US-Kongress - der sich aus dem Senat und dem Repräsentantenhaus zusammensetzt - seit den 1960er Jahren kontinuierlich. So stellten die Protestanten im 87. US-Kongress in den Jahren von 1961 bis 1963 noch 398 Abgeordnete oder 75 Prozent. Heute sind es 56 Prozent.
Von den Mitgliedern des neugewählten 115. US-Kongresses beschreiben sich 91 Prozent als Christen. Das sind fast so viele wie Anfang der 1960er Jahre - damals bezeichneten sich 95 Prozent der Kongressmitglieder als Christen. In der Gesamtbevölkerung machen Christen laut einer Umfrage aus dem Jahr 2014 etwa 70,6 Prozent aus - deutlich weniger als im Kongress.
"Eine denkbare Erklärung hat damit zu tun, dass uns die Befragten sagen, sie wählten eher einen gläubigen Kandidaten, als jemanden der nicht religiös ist", sagt der stellvertretende Leiter der PEW-Forschungsabteilung Greg Smith. Dies korrespondiere nicht unbedingt mit den eigenen, persönlichen Überzeugungen der Wähler. Ginge es danach, müsste die Zusammensetzung des neuen Kongresses, der sich am Dienstag in Washington konstituierte, ganz anders aussehen.
Linktipp: Wir brauchen eine größere Neugierde für Amerika
"Was wir auch aus der Wahl von Donald Trump lernen sollten, ist eine größere Neugierde für Amerika - weniger Vorurteile", schreibt der Chefredakteur der Herder Korrespondenz in seinem Standpunkt.So hat über die vergangenen Jahre die Zahl der Konfessionslosen in der Gesamtbevölkerung kontinuierlich zugenommen. Sie machen inzwischen 23 Prozent aller US-Amerikaner aus, aber nur 0,2 Prozent der Kongressmitglieder. Die einzige Abgeordnete, die als ihre Religion "keine" ankreuzte, ist die Demokratin Kyrsten Sinema aus Arizona. Casey Brescia von der "Secular Coalition for America" meint dazu, nichtreligiöse Kandidaten zahlten in den USA auch im Jahr 2017 "noch einen Preis dafür, offen einen Mangel an religiösen Überzeugungen einzugestehen".
Katholiken wählen Republikaner und Demokraten
Während sich die Katholiken traditionell ziemlich gleichmäßig zwischen Republikanern und Demokraten aufteilen, haben die Protestanten bei den Republikanern ein deutliches Übergewicht. Dafür sind bis auf zwei jüdische Abgeordnete die Angehörigen aller nicht-christlichen Religionen eindeutig bei den Demokraten beheimatet.
Mit 22 Abgeordneten und acht Senatoren stellen die Juden die größte nicht-christliche Gruppe im Kongress. Es folgen die Mormonen mit sieben Mitgliedern im Repräsentantenhaus und sechs im Senat sowie insgesamt fünf orthodoxe Christen. Muslime, Buddhisten und Hindus sind mit einem bis drei Abgeordneten vertreten. Apropos Orthodoxie: Erstmals haben die Christen der Ostkirche mit Reince Priebus einen der ihren im Zentrum der Macht. Der bisherige Generalsekretär der republikanischen Partei dient als designierter Stabschef im Weißen Haus dem künftigen US-Präsidenten Donald Trump.