Franziskus auf riskanter Friedensmission
Wie immer, wenn jemand Neuland betritt, riecht es auch hier nach Abenteuer: Als erster Papst der Geschichte reist Franziskus nach Myanmar. Am Montag gab der Vatikan den 27. bis 30. November als Besuchstermin bekannt. Anschließend fliegt er für rund zwei Tage weiter ins benachbarte Bangladesch, in das bislang erst einmal - 1986 - ein Papst seinen Fuß setzte. Franziskus wird dabei nicht umhinkommen, zu dem derzeit wieder eskalierenden Konflikt um die Rohingya Stellung zu beziehen.
Buddhisten sind nicht auf Dialog gestimmt
Vor dem Hintergrund, dass er selbst als religiöses Oberhaupt eine verschwindend kleine Minderheit in beiden Ländern vertritt und buddhistische Nationalisten in Myanmar nicht eben auf Dialog gestimmt sind, könnte der Besuch leicht zu einem diplomatischen Ritt auf der Rasierklinge werden. Von einer Reise nach Indien, die ursprünglich für den Spätherbst erwartet wurde, rückte der Vatikan wieder ab - offenbar weil man sie als kontraproduktiv für das Verhältnis zwischen Hindu-Nationalisten und indischen Christen betrachtete.
Das genaue Besuchsprogramm des Papstes ist noch unbekannt. Fest steht, dass er auf Einladung des jeweiligen Staatsoberhaupts - Htin Kyaw in Myanmar, Abdul Hamid in Bangladesch - und der örtlichen Bischöfe kommt. Seit geraumer Zeit sucht der Heilige Stuhl festere Beziehungen zu Myanmar. Im Mai reiste die De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi in den Vatikan, am 12. August ernannte der Papst erstmals einen ordentlichen Botschafter für das Land.
Trotz aller diplomatischen Bemühungen ist dem Papst aber auch das Schicksal der muslimischen Rohingya im Nordwesten Myanmars nicht gleichgültig. Ihr Heimatland verweigert ihnen die Staatsbürgerschaft, Bangladesch will 400.000 Flüchtlinge von ihnen wieder nach Myanmar abschieben. 2009 packte Thailand Hunderte von asylsuchenden Rohingya auf motorlose Boote und trieb sie aufs Meer. Ein Volk, das von seinen Nachbarn buchstäblich als "Abfall" behandelt wird - ein Reizwort für Franziskus.
So ließ er in einer Generalaudienz am 8. Februar für die "Brüder und Schwestern Rohingya" beten, die "aus Myanmar verjagt" und zwischen den Staaten herumgeschubst würden. "Sie werden gefoltert, getötet, nur weil sie ihre Traditionen pflegen, ihren muslimischen Glauben." Vergangenen Sonntag bekräftigte er seine Solidarität und "ungeteilte Nähe". Von den politisch Verantwortlichen verlangte er, den Rohingya "ihre vollen Rechte" zu geben. Damit dürfte auch die Staatsbürgerschaft gemeint sein, die Franziskus in seiner Botschaft zum Migrantentag 2018 für alle Migranten und Flüchtlinge einfordert.
Der Kardinal von Bangladeschs Hauptstadt Dhaka, Patrick D'Rozario, sagte in einer ersten Reaktion, er wäre "nicht überrascht", wenn Franziskus das Problem der Rohingya bei seinem Besuch zur Sprache brächte. Allerdings erwartet D'Rozario für seine Regierung mehr Lob als Kritik: Bangladesch sei ja selbst ein wirtschaftlich armes Land, umso mehr müsse die Aufnahme von Rohingya-Flüchtlingen "anerkannt und gewürdigt" werden.
Wo Katholiken ein Randphänomen sind
Auch sonst mangelt es laut dem Kardinal nicht an Themen für den Papst, der gern an die "Peripherien" geht, an die Ränder der Benachteiligten: Als Beispiele nannte D'Rozario Land- und Textilarbeiter, Migranten, aber auch Straßenkinder und Opfer von Naturkatastrophen. Und die katholische Kirche selbst ist in Bangladesch so etwas wie ein Randphänomen: Nach Eigenangaben zählt sie 375.000 Anhänger unter 159 Millionen Einwohnern, ein Bevölkerungsanteil von 0,24 Prozent.
Gerade in ärmeren Staaten erhoffen sich katholische Minderheiten vom Besuch des Papstes oft einen Imagegewinn - dass dieser Religionsführer von Weltrang das Land mit seinem Besuch beehrt, soll das Ansehen der kleinen Gemeinde heben. In diesem Sinn spricht auch der Vatikan in solchen Fällen von einer Stärkung der Ortskirche. Die Visite in Myanmar steht unter dem Motto "Liebe und Frieden", das Leitwort für die Tage in Bangladesch lautet "Harmonie und Frieden". Aber in der politisch wie religiös hochsensiblen Situation verlangt diese Friedensmission viel Fingerspitzengefühl.