Volker Resing über Schubladen-Denken in Politik und Kirche

Was heißt eigentlich "konservativ"?

Veröffentlicht am 26.02.2018 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Volker Resing über Schubladen-Denken in Politik und Kirche

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Das Schubladen-Denken nimmt bisweilen groteske Züge an, und zur politischen Analyse taugt es nur selten. Der "Humanistische Pressedienst" titelte vor ein paar Tagen auf seiner Internetseite: "Christliche Hardlinerin wird CDU-Generalsekretärin". In dem Text wird der saarländischen Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer dann unter anderem vorgeworfen, sich gegen die "Ehe für alle" ausgesprochen zu haben, eine Anti-Abtreibungs-Initiative zu unterstützen und die Vollverschleierung von Muslimen zu kritisieren. Kramp-Karrenbauer sei, so die Anklage, "nicht nur Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), sondern demonstriert immer wieder ihre Frömmigkeit, wenn es um politische Inhalte geht."

Wenn ZdK-Mitglieder schon zu christlichen Hardlinern gemacht werden, zeigt sich, wie sehr die öffentliche Debatte gerne mal Argumentieren und Abwägen durch Zuspitzen und Zuschreiben ersetzt. Es wird aber auch deutlich, dass Positionen, die dezidiert mit dem Christentum begründet werden, stärker unter Druck geraten.

Ähnliches gilt, wenn der "konservative Merkel-Kritiker Jens Spahn" (Spiegel Online) jetzt ins Kabinett berufen wird. Was heißt eigentlich "konservativ", fragen da manche zu Recht, wenn Spahn – der erklärte Befürworter der Ehe für homosexuelle Partner, der selbst mit seinem Freund inzwischen verheiratet ist – den "konservativen Gegenpart" in der parteiinternen Spielaufstellung mimen muss. Die katholische Saarländerin hingegen stehe für einen weiteren "Linksruck" der CDU. Wirklich? Beide sind Christen und argumentieren durchaus auch mit ihrer christlichen Verwurzelung.

Vielleicht geht es ohne Zuschreibungen nicht. Das gilt ja auch für die Beschreibung innerkirchlicher Phänomene. Da muss dann der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki wegen Aussagen zur Ökumene zum "Konservativen" werden, obwohl er sozialpolitisch sicher eher als links zu bezeichnen wäre. Manchmal hilft es, von "rechts" und "links" zu reden und so eine Komplexität des Ganzen zu vereinfachen und beschreibbar zu machen. Doch zumeist vernebeln diese Etikettierungen nur, worum es geht und spiegeln nur Eigeninteressen und Eitelkeiten anderer Akteure auf dem Parkett wider.

Von Volker Resing

Der Autor

Volker Resing ist Chefredakteur der Herder Korrespondenz.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.