Hitler-Gegner Lichtenberg ruht nicht länger in Berliner Kathedrale
Der Berliner Dompropst und Hitler-Gegner Bernhard Lichtenberg (1875-1943) hat seit Montag eine neue zeitweilige Ruhestätte. An seinem 75. Todestag überführte das Erzbistum Berlin seine sterblichen Überreste in einem Schrein feierlich aus der Sankt-Hedwigs-Kathedrale in die Kirche Maria Regina Martyrum in Berlin-Plötzensee. Sie ist dem Gedenken der christlichen Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus gewidmet. Anlass ist der begonnene Umbau der Kathedrale, der mehrere Jahre dauert.
In der Plötzenseer Gedenkkirche ist der Reliquienschrein nun im Sakramentsaltar unter der Orgelempore untergebracht. Nach Ende der Sanierung werden die sterblichen Überreste wieder in der Kathedrale ruhen. An Lichtenberg erinnert das Erzbistum auch in den kommenden Tagen mit einer Gedenkwoche.
In einem Festgottesdienst mit rund 500 Vertretern des Erzbistums würdigte der Berliner Erzbischof Heiner Koch den Dompropst als "klar in den Grundsätzen und den praktischen Konsequenzen". Schon vor seiner öffentlichen Kritik an den Nationalsozialisten sei er ein "leidenschaftlicher Seelsorger" gewesen, betonte Koch im Beisein des Papst-Botschafters, Erzbischof Nikola Eterovic.
Tod bei der Deportation
Die Nationalsozialisten hatten Lichtenberg unter anderem wegen seines Eintretens für die verfolgten Juden inhaftiert. Er starb am 5. November 1943 bei der Deportation ins Konzentrationslager Dachau. Papst Johannes Paul II. sprach ihn bei seinem Berlin-Besuch 1996 im Olympiastadion selig und erhob ihn damit zu einem Vorbild des christlichen Glaubens.
Koch dankte dem Erzbischof von Breslau (Wroclaw), Jozef Kupny, für die Teilnahme an der feierlichen Umbettung. Es sei "ein großes Zeichen, dass Lichtenberg der ganzen Kirche gehört". Lichtenberg wurde im schlesischen Ohlau geboren, das heute zu Polen gehört. Das Erzbistum Berlin setzt sich für eine Heiligsprechung Lichtenbergs ein, die eine weltweite Verehrung bedeuten würde. In seiner Predigt rief Kupny die Christen auf, "wie Lichtenberg Zeugen des Glaubens zu sein".
Derweil hat Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) erneut die angelaufene Umgestaltung der Hedwigs-Kathedrale kritisiert. Er habe dies wegen der Sonderregelungen für Sakralbauten im Denkmalrecht aber genehmigen müssen, erklärte er am Montag vor dem Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses. Der "Totalumbau" des Innenraums führe zu einem "massiven Verlust" an einem wichtigen Denkmal der Hauptstadt.
Die Trennung von Staat und Kirchen gebiete es, dass der Staat theologische Begründungen solcher Baumaßnahmen nur auf ihre Schlüssigkeit überprüfe, nicht aber inhaltlich infrage stelle, betonte Lederer. Das Erzbistum begründet das umstrittene Vorhaben mit gottesdienstlichen Erfordernissen. Kritik daran übte vor den Abgeordneten auch der neue Berliner Landeskonservator Christoph Rauhut. Es sei ein "trauriger Fall, dass ein Denkmal in großen Teilen zerstört wird", so der Direktor des Landesdenkmalamtes.
Schließung der Bodenöffnung als Stein des Anstoßes
Umstritten ist vor allem, dass die rund acht Meter breite Bodenöffnung im Zentrum des Kirchenraums geschlossen wurde. Über eine Treppe war damit bis Ende August die Unterkirche erreichbar. Der renommierte Düsseldorfer Architekt Hans Schwippert (1899-1973) legte sie beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg an. Dafür rückt nun der Altar ins Zentrum des Rundbaus.
Die Umbaukosten beziffert das Erzbistum einschließlich des benachbarten Bernhard-Lichtenberg-Hauses auf rund 60 Millionen Euro. Finanziert werden soll das Projekt mit jeweils 20 Millionen Euro vom Erzbistum und den anderen deutschen Bistümern. Zwölf Millionen Euro werden vom Bund und acht Millionen Euro vom Land Berlin erwartet.
Bei der Anhörung des Ausschusses rief der Umbau-Kritiker Alfred-Mario Molter das Abgeordnetenhaus auf, den vorgesehenen Landeszuschuss von acht Millionen Euro nicht freizugeben, solange die laufenden Urheberrechtsprozesse nicht abgeschlossen seien. Künstler, die um 1960 am Wiederaufbau der Kathedrale beteiligt waren, oder deren Rechtsnachfolger haben vor dem Verwaltungsgericht und dem Landgericht Berlin geklagt, um den Umbau zu verhindern. (tmg/KNA)