Serie: Die Propheten im Alten Testament

Maleachi: Das Sprachrohr Gottes

Veröffentlicht am 12.01.2019 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Die Propheten gehören zu den prägenden Gestalten der Bibel. Sie sind unbequeme Mahner und strenge Bußprediger. In einer Serie stellt katholisch.de die Propheten des Alten Testaments und ihre Geschichte vor. Diesmal geht es um Maleachi.

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An verschiedenen Stellen im Neuen Testament wird das Buch Maleachi zitiert. Aber kein einziges Mal wird dabei der Name des Propheten genannt. Im Evangelium nach Markus wird ein aus dem Buch Maleachi zitierter Satz gar Jesaja zugeschrieben (Mk 1,2). Maleachi (מַלְאָכִי) ist ein Vertrauensname und bedeutet "Mein [schützender] Bote/Engel [ist JHWH]". Auch außerbiblisch ist er als Personenname auf einem Vorratskrughenkel aus dem 7. Jahrhundert v.Chr. belegt. Aber bereits in der vorchristlichen, griechischen Übersetzung, der Septuaginta, verschwindet der Personenname in der Überschrift: "Botschaft des Wortes des Herrn über Israel durch die Hand seines Boten."

Im Buch Maleachi hat der Name eine tiefere Bedeutung. Als Amtstitel kommt er in einem Gotteswort vor: "Seht, ich sende meinen Boten (מַלְאָכִי, gesprochen: maleachi); er soll den Weg für mich bahnen." (Maleachi 3,1). Das Auftreten des Boten läutet die endzeitliche Läuterung der Priester Israels und des ganzen Volkes ein, so dass wieder rechter Gottesdienst und gerechtes Handeln gegeben sein werden. Maleachi kann von dem Leser und der Leserin als dieser Bote identifiziert werden und er tritt hinter der göttlichen Botschaft des Buches völlig zurücktritt.

„Ich liebe euch, spricht der HERR. Doch ihr sagt: Wodurch zeigt sich, dass du uns liebst?“

—  Zitat: Maleachi 1,2

Über die Person des Propheten gibt sein Buch keine Auskunft. Der in Maleachi 1,4 enthaltene Hinweis auf die Zerstörung Edoms verweist in die Mitte des 5. Jahrhunderts, als dieses Volk von den Nabatäern aus seinem Staatsgebiet gedrängt wurde. Entstanden ist das Buch somit in der Zeit, als Israel unter persischer Herrschaft ohne eigenen König lebte. Maleachi selbst war vielleicht nicht nur ein Prophet, sondern auch ein Priester: als "Bote Gottes", wird in seiner Schrift auch der Priester bezeichnet, der Gottes Willen kundtut und auslegt (Maleachi 2,7).

Verkündigung durch Dialog und Diskussion

Maleachi legt aber nicht nur Gottes Wort aus, sondern er tritt als dessen Sprachrohr auf und zusammen sprechen sie mit einer Stimme. Mitten in einem Satz kann so das Wort des Propheten zur direkten Rede Gottes werden: "Wenn ich der Herr bin – wo bleibt dann die Furcht vor mir?, spricht der HERR der Heerscharen zu euch, ihr Priester, die ihr meinen Namen verachtet." (Maleachi 1,6). Zudem werden in den sechs Reden, die das Buch strukturieren, auch die Widerworte des Volkes direkt aufgenommen, zitiert und beantwortet. Die Verkündigung Maleachis ist durch Dialog und Diskussion geprägt, wie es am Anfang des Buches deutlich wird: "Ich liebe euch, spricht der HERR. Doch ihr sagt: Wodurch zeigt sich, dass du uns liebst?" (Maleachi 1,2).

Am Anfang einer jeden Argumentation steht eine Feststellung, gegen welche der Widersprich von den Priestern oder dem Volk zitiert wird. Dieser Widerspruch wird zurückgewiesen und abschließend eine Folgerung aus der Darlegung gegeben. In dieser Form behandelt das Buch die grundlegenden Fragen der Zeit Maleachis: Ist Israel noch Gottes auserwähltes Volk? (Maleachi 1,2-5) Erfüllt der vollzogene Opferdienst noch seinen Zweck? (Maleachi 1,6-2,9) Dürfen Ehen aufgelöst werden, damit Männer andere, gar nicht-israelitische Frauen heiraten können? (Maleachi 2,10-16) Wieso sorgt Gott nicht für Gerechtigkeit? (Maleachi 2,17-3,5) Kann Israel trotzt seiner unentwegten Treuelosigkeit zu seinem Gott noch umkehren? (Maleachi 3,6-12) Und: Ist es sinnvoll Gott zu dienen? (Maleachi 3,13-21).

„Kehrt um zu mir, dann kehre ich mich euch zu, spricht der HERR der Heerscharen“

—  Zitat: Maleachi 3,7

Die grundlegende Antwort auf diese sechs Fragen wird bereits am Anfang des Buches gegeben: Die unverbrüchliche Liebe Gottes zu seinem Volk ist die Grundlage sowohl der in der Beantwortung folgenden Kritik als auch für die aufgezeigten Zukunftsperspektiven. Gott prangert die Priester an, dass sie den von ihnen zu leistenden Opferdienst geringschätzen und mit ihren Weisungen die Israeliten von Gott weggeführt haben. Im Kult und Ethos hat sich das Gottesvolk von seinem Gott abgewandt und Gott wird kommen, um Recht zu schaffen: "Er reinigt die Söhne Levis [= die Priester], er läutert sie wie Gold und Silber" (Maleachi 3,3) und "gegen die Zauberer und die Ehebrecher, gegen die Meineidigen und gegen alle, welche die Taglöhner, Witwen und Waisen ausbeuten, den Fremden im Land ihr Recht verweigern" wird er als Zeuge auftreten (Maleachi 3,5).

Brennpunkte der alttestamentlichen Theologie und Geschichte

Nicht nur die kultischen Vergehen der Priester, sondern auch das ethisch falsche Handeln des Volkes bedeuten den Bruch des Bundes mit Gott. Denn dort wo die Gerechtigkeit der Menschen untereinander nicht verfolgt wird, steht auch die Beziehung zu Gott in Frage: "Haben wir nicht alle denselben Vater? Hat nicht der eine Gott uns erschaffen? Warum handeln wir dann treulos, einer gegen den andern, und entweihen den Bund unserer Väter?" (Maleachi 2,10) Maleachi, das Sprachrohr Gottes, steht in seinen Reden nicht nur auf der Seite Gottes, sondern zählt sich selbst zum untreuen Volk, dass er zur Umkehr aufruft, indem er eine auf Gegenseitigkeit bezogenen Zusage Gottes verkündet: "Kehrt um zu mir, dann kehre ich mich euch zu, spricht der HERR der Heerscharen" (Maleachi 3,7). Wer zum von Gott geliebten Teil des Gottesvolkes gehört, entscheidet sich daran, wer ihn fürchtet und seinen Namen achtet (siehe Maleachi 3,16). Die am Anfang des Buches zum Ausdruck gebrachte Liebe Gottes führt an dessen Ende so zur einer Verheißung voller Gewalt, die den Sieg der Gerechten gegen die ungerechten Gewalttäter ankündigt: "Ihr [die ihr meinen Namen fürchtet] werdet die Ruchlosen zertreten, sodass sie unter euren Fußsohlen zu Asche werden." (Maleachi 3,21) Die Liebe Gottes geht einher mit seinem Willen zur strafenden Gerechtigkeit.

In einem angehängten Schlusswort eröffnet das Buch dann noch einen größeren Horizont. Die Leser werden auf die zwei eng miteinander verschränkten Brennpunkte der alttestamentlichen Theologie und Geschichte hingewiesen. Die Moses am Sinai geoffenbarten Gesetze und das versöhnende Wirken der Propheten sollen den Israeliten als Richtschnur für ein gerechtes Leben dienen. Das Buch Maleachi verpflichtet seine Leser zu einem Leben aus den Gesetzen Gottes und den Worten seiner Propheten, damit sich für die Angesprochenen Gottes Verheißung erfülle: "Für euch aber, die ihr meinen Namen fürchtet, wird die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen und ihre Flügel bringen Heilung. Ihr werdet hinausgehen und Freudensprünge machen wie Kälber, die aus dem Stall kommen." (Maleachi 3,20)

Von Till Magnus Steiner