Standpunkt

Der "synodale Weg" droht asymmetrisch zu werden

Veröffentlicht am 04.12.2019 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Die Bischöfe übernähmen zunehmend die Deutungshoheit über den "synodalen Weg", findet Thomas Seiterich. Und das, obwohl die Laien ihn überhaupt erst möglich gemacht hätten. Diese Unwucht sei völlig unangemessen – und müsse deshalb verhindert werden.

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Der "synodale Weg" der Katholiken in Deutschland von 2020 bis 2022 wird eine asymmetrische Unternehmung. Ich halte das für bedauerlich, denn ein solches Oben und Unten hat mit dem Volk Gottes ursprünglich nichts zu tun.

Wer trägt diesem Reformprozess das größte Risiko? Nicht die Bischöfe, sondern ganz eindeutig die Laien. Durch die von Bischofsseite mit römischer Unterstützung durchgesetzte, weithin kirchenrechtliche  Zementierung des beginnenden Dialogprozesses geraten die Bischöfe auf die Machtseite. Das gilt für die vielen aufgeschlossenen Bischöfe, die mit positiver Erwartung in den Prozess hineingehen, wie auch für diejenigen konservativen Oberhirten, bei denen die Skepsis und Abwehr überwiegt.

Es ist eine Umkehr der Verhältnisse, die da zu beobachten ist. Denn es waren die Laien und ihr Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), die den deutschen Bischöfen 2018 aus der Patsche halfen. Damals saßen die Bischöfe tief im Keller angesichts der katastrophalen systemischen Fakten im Bereich des Kindesmissbrauchs durch Kleriker, aufgedeckt durch die MHG-Studie. Die Bischöfe selbst hatten sie in Auftrag gegeben. Was hätten die in Not geratenen Oberhirten gemacht, wenn die Laien sich nicht auf einen offenen, gemeinsamen "synodalen Weg" eingelassen hätten?

Wie ungleich dieser Weg werden könnte, macht die feierliche Eröffnung am ersten Adventssonntag in München deutlich. Immerhin durfte die ZdK-Vizepräsidentin Karin Kortmann die Synodalkerze entzünden. Kardinal Reinhard Marx stand assistierend daneben. Einen Teil des dazu gehörenden Gebetes durfte sie sprechen, doch im Gottesdienst hatte sie nicht das Wort. Die vielen, guten Erwähnungen des "synodalen Wegs" von Beginn bis Ende der Messe übernahm der Kardinal. Beim späteren Pressegespräch fiel Marx der Laienvizepräsidentin (und gestandenen SPD-Politikerin) Kortmann wiederholt ins Wort. Gewiss, es war ein Geplänkel unter alten sozialkaholischen Freunden.

Dennoch: Die Laien müssen – anders als bei offiziellen Auftakt in München – gleich behandelt werden. Niemand anderes als sie haben durch ihr freundliches Zugehen auf die Bischöfe den risikoreichen und verheißungsvollen "synodalen Weg" erst möglich gemacht.

Von Thomas Seiterich

Der Autor

Thomas Seiterich ist Redakteur der Zeitschrift "Publik-Forum".

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.