Wenn sie die aktuelle kirchliche Lehre für falsch hielten

Kirchenrechtler an Bischöfe: Fordert vom Papst Reform der Sexualmoral

Veröffentlicht am 21.02.2020 um 13:33 Uhr – Lesedauer: 

Tübingen ‐ Alle Bischöfe, die die kirchliche Sexuallehre für falsch hielten, sollten sich offen beim Papst für Änderungen einsetzen: Kirchenrechtler Bernhard Sven Anuth fordert zudem den Mut, etwaige kirchenrechtliche Konsequenzen dieses Ungehorsams zu tragen.

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Der Tübinger Kirchenrechtler Bernhard Sven Anuth fordert Papst und Bischöfe auf, Klarheit bei der kirchlichen Sexualmoral zu schaffen. Alle Bischöfe, die die aktuelle kirchliche Lehre zur Sexualmoral für falsch hielten, sollten sich beim Papst öffentlich für Änderungen einsetzen und "den Mut haben, etwaige kirchenrechtliche Konsequenzen dieses Ungehorsams zu tragen", schrieb er in einem Beitrag auf dem theologischen Internetportal "Feinschwarz" am Donnerstag.  

Möglich wäre eine Änderung der Kirchenlehre zum Thema Homosexualität demnach etwa nur "im Rahmen eines fundamentalen Umbaus der kirchlichen Sexualmoral". Solange die außereheliche Sexualität immer in sich schlecht sei und Heterosexualität zum Ehebegriff gehöre, "gibt es logisch keinen Spielraum für eine positive Würdigung gelebter Homosexualität", so Anuth. Da die Lehre über die Unrechtmäßigkeit von Unzucht und Ehebruch als unfehlbar gelten, "ist eine Selbstkorrektur des Lehramts in diesen Fragen aus kanonistischer Sicht nicht zu erwarten".

Hoffnung auf eine Weiterentwicklung des Lehramtes gebe zwar die vom Papst lehramtlich übernommen Richtlinien zu "Amoris Laetitia". Diese billigten eine Praxis von wiederverheirateten Paaren "ohne zwingenden Enthaltsamkeitsvorsatz nach priesterlich begleiteter Gewissensentscheidung der Betroffenen", schrieb der Tübinger Kirchenrechtler. Dazu bedürfe es allerdings Änderungen in der kirchlichen Sicht auf außerehelichen Sex.

Papst und Bischöfe schulden Menschen klare Äußerung

Dass es zu einer Revidierung kirchlicher Sexuallehre kommt, hält Anuth wegen der "maximalistischen Lehrfestlegungen der früheren Päpste" für nicht möglich. Papst und Bischöfe sollten Klarheit schaffen. Das seien sie nicht nur den Menschen schuldig, die immer Schwierigkeiten mit dieser Lehre hatten, sondern auch jenen, die in Treue und Gehorsam dem Lehramt gegenüber diese in der Pastoral verfochten beziehungsweise zu leben versucht haben", so Anuth. Katholiken hätten ein Recht zu wissen, welcher Lehre sie Gehorsam schuldeten.

Bis eine solche Klarstellung erfolge, gelte weiterhin, dass alle Kleriker und vor allem Bischöfe als Lehramtsträger gehalten seien, verbindliche Positionen des kirchlichen Lehramts und ihre moralischen und rechtlichen Konsequenzen so zu vermitteln, "dass sich un- und wiederverheiratet bzw. homosexuell liebende Menschen nicht zurückgesetzt fühlen und zugleich wissen, dass ihre gelebte Sexualität sie als schwere Sünde gegebenenfalls vom ewigen Heil ausschließt."

Da Anuth überraschend als Mitglied des Synodalforums zu Sexualität und Partnerschaft nominiert und gewählt wurde, aber auch aus zeitlichen Gründen nicht am Synodalen Weg teilnehmen könne, wolle er seine bei einer vorbereiteten Fachkonsultation in Berlin vorgetragene Expertise öffentlich zur Verfügung stellen, hieß es im Blogbeitrag. (cbr)