Deutsche Generalvikare schon seit Jahren für Änderung

Pfeffer: Kirchliches Arbeitsrecht befördert "Kultur der Angst"

Veröffentlicht am 02.03.2020 um 16:25 Uhr – Lesedauer: 

Eichstätt ‐ Kirchliche Mitarbeiter sollen nicht mehr um ihren Job bangen müssen, weil sie nicht im Einklang mit der Kirchenlehre lebten: Essens Generalvikar Klaus Pfeffer fordert eine komplette Streichung der entsprechenden Rechtsvorschrift.

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Das Arbeitsrecht der katholischen Kirche hat nach Überzeugung des Essener Generalvikars Klaus Pfeffer eine "Kultur der Angst" befördert. Diese müsse beendet werden, forderte Pfeffer am Montag bei der 23. Fachtagung zum kirchlichen Arbeitsrecht in Eichstätt. Kirchliche Mitarbeiter sollten nicht mehr um ihren Job bangen müssen, nur weil sie in ihren privaten Beziehungen nicht im Einklang mit der Lehre der Kirche lebten. Die entsprechende Rechtsvorschrift müsse komplett gestrichen werden, auch für Führungskräfte und Mitarbeitende in der Seelsorge.

Pfeffer sagte, die deutschen Generalvikare hätten bereits vor sechs Jahren mehrheitlich für einen solchen "radikalen Schritt" votiert, aber in der Deutschen Bischofskonferenz mit ihrem Vorstoß keine Chance gehabt. Offenbar habe unter den Bischöfen die Sorge überwogen, dass mit der Streichung dieser sogenannten Loyalitätsobliegenheit auch die kirchliche Ehelehre preisgegeben worden wäre.

Die Vorschrift habe jedoch "unzählige Leidensgeschichten" verursacht, denen er als Generalvikar bis heute begegne, sagte Pfeffer. Diese müssten "aufgearbeitet werden, damit Wunden heilen können". Viele kompetente Menschen seien deshalb "aus dem kirchlichen Dienst vertrieben oder gar nicht erst zugelassen worden". Pfeffer nannte es "das Teuflische an diesem System, dass es von vielen mitgetragen wurde". So hätten Denunzianten häufig Druck auf kirchliche Dienstgeber ausgeübt, damit sich diese von betroffenen Mitarbeitern trennten. Dies könne nicht der Weg einer Kirche sein, die das Evangelium der Nächstenliebe glaubwürdig verkünden wolle.

Auch andere hochrangige Amtsträger dächten so

Der Generalvikar berichtete, dass noch 2019 einer seiner führenden Mitarbeiter sich nach großen inneren Kämpfen an ihn gewandt habe. Seine erste Ehe sei zerbrochen, eine neue Liebe habe er lange verheimlicht. Dieser "aufrichtige, ehrliche Mann, der mit Leidenschaft Katholik ist", habe sich vor ihm als seinem Vorgesetzten kleingemacht und aufgewühlt um die Erlaubnis für eine zivile Eheschließung gebeten. Pfeffer sprach von einer "absurden Situation". Solche Praktiken müsse die katholische Kirche beenden. Er wisse, dass auch andere hochrangige Amtsträger so dächten.

2015 hatte die Deutsche Bischofskonferenz per Mehrheitsbeschluss das katholische Arbeitsrecht geändert. Seither gibt es im Falle einer zweiten Eheschließung oder dem Eingehen einer Lebenspartnerschaft keinen Kündigungsautomatismus mehr. Pastorale Mitarbeiter und Führungskräfte waren von der Reform ausgenommen.

Pfeffer bemängelte, dass die Grundordnung des katholischen Arbeitsrechts immer noch "von einem Geist der Absicherung und Kontrolle geprägt" sei, von einem bewussten oder unbewussten Misstrauen gegenüber den Mitarbeitenden. Dabei sollte es "Lust und Freude" machen, in der Kirche zu arbeiten, und ein wertschätzender, mitmenschlicher Umgang auf allen Hierarchieebenen das Arbeitsklima prägen. (KNA)