Bistum Essen: Trotz Corona keine Gottesdienst-Anwesenheitslisten
Das Bistum Essen führt trotz Coronavirus keine Anwesenheitslisten in Gottesdiensten ein. Die Stadt Essen hatte am Dienstag eine entsprechende Empfehlung für alle "organisierten Veranstaltungen" mit mehr als 25 Teilnehmern ausgesprochen, um bei einer Infektion Kontaktpersonen identifizieren zu können. Gegenüber katholisch.de erklärte Bistumssprecher Ulrich Lota, dass man zwar dankbar für die Arbeit des Krisenstabes der Stadt sei und die Empfehlung angekommen sei und ernstgenommen werde, man sie aber nicht umsetzen werde. Gottesdienstbesucher namentlich zu erfassen sei nicht praxistauglich. Bei den meisten kirchlichen Veranstaltungen außer Gottesdiensten gebe es aber oft ohnehin schon Anwesenheitslisten. Auf diese könnte im Infektionsfall zurückgegriffen werden.
Der Empfehlung der Stadt zufolge sollen Name, Vorname, Adresse und telefonische Erreichbarkeit erhoben werden. Gegenüber katholisch.de erläuterte eine Sprecherin der Stadt, dass das ausdrücklich auch für Gottesdienste gelte, nicht aber für Kneipen. Eine Rücksprache mit den Kirchen vor der Veröffentlichung der Empfehlung habe es nicht gegeben, so Lota. Er zeigte sich verwundert, dass Gastwirtschaften von der Empfehlung ausgenommen seien. Das Bistum schätzt die Infektionsgefahr im Gastgewerbe höher ein als bei Gottesdiensten.
Evangelischer Kirchenkreis nicht prinzipiell gegen Anwesenheitslisten
Bei der evangelischen Kirche geht man anders vor als bei der katholischen. Man finde es zwar befremdlich, Gottesdienstbesucher in Listen zu sammeln, aber die Verantwortung wiege auch schwer, so der Sprecher des Essener Kirchenkreises gegenüber katholisch.de. Man stelle es den jeweiligen Gemeinden anheim, über entsprechende Maßnahmen zu entscheiden. Auch eine Absage von Gottesdiensten sei denkbar. Die Gemeinde im Essener Stadtteil Kettwig habe es als hilfreich erlebt, dass bei einem Verdachtsfall im Umkreis ausgeschlossen werden konnte, dass die Person den Gottesdienst besucht hatte. Daher stehe man einer Erfassung von möglichen Kontaktpersonen auch weniger kritisch gegenüber.
Bei der Stadt betont man, dass die Teilnehmerlisten auf freiwilliger Basis erhoben würden. Damit liege es im Verantwortungsbereich jedes einzelnen, außerdem bestünden dadurch keine Datenschutzbedenken. Wer sich nicht in die Listen eintragen will, müsse dann aber auch im Fall der Fälle damit leben, im Verdachtsfall nicht kontaktiert werden zu können.
Laut Datenschutz-Aufsicht nicht ohne weiteres zulässig
Der für Essen zuständige Diözesandatenschutzbeauftragte Steffen Pau sieht dagegen datenschutzrechtliche Probleme. Bisher gebe es nur eine Empfehlung der Stadt. "Daraus ergibt sich aus unserer Sicht derzeit keine Rechtsgrundlage für die Erfassung der personenbezogenen Daten der Besucher der Gottesdienste", erläutert der Leiter der katholischen Datenschutzaufsichtsbehörde. Möglich sei es allerdings, die Einwilligung der Betroffenen einzuholen. Dazu müsste allerdings auf die Freiwilligkeit der Eintragung in die Listen hingewiesen werden und über die Datennutzung informiert werden. Bei einer Verschärfung der Regelung im Rahmen eines Pandemieplanes müssten dann in Kraft gesetzte Regeln noch einmal neu datenschutzrechtlich geprüft werden.
Das Bistum Essen hat wie andere Bistümer und die Deutsche Bischofskonferenz allgemeine Hinweise zum Infektionsschutz veröffentlicht. Dazu gehören der Verzicht auf Kelch- und Mundkommunion sowie direkten Kontakt beim Beten und beim Friedensgruß. Außerdem werden die Weihwasserbecken geleert und Gläubige wie Priester, die Symptome zeigen, zum Verzicht auf die Gottesdienstteilnahme aufgefordert. Die Mitarbeiter des Bistums wurden auf richtige Handhygiene und Hustenetikette hingewiesen, außerdem sollen Tastaturen und Touchscreens regelmäßig gereinigt werden. (fxn)
5. März 2020, 19.40 Uhr: Ergänzt um Stellungnahme des Diözesandatenschutzbeauftragten.