Corona-Krise legt katholisches Leben in Europa lahm

Bistum Rom rudert bei Kirchenschließungen zurück

Veröffentlicht am 13.03.2020 um 11:13 Uhr – Lesedauer: 
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Rom/Bonn ‐ Die Corona-Krise hat massive Auswirkungen auf das kirchliche Leben in Europa: Das Bistum Rom verbot den Zutritt zu sämtlichen Kirchen – ruderte nach Widerständen jedoch zurück. Weitere europäische Länder sagten alle öffentlichen Gottesdienste ab. Und auch verschiedene deutsche Diözesen geben weitere Schutzanweisungen.

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Die Krise um das Coronavirus hat immer stärkere Auswirkungen auf das kirchliche Leben in Europa. Das Bistum Rom kündigte am Donnerstag an, wegen der Corona-Krise alle Kirchen bis zum 3. April schließen zu wollen. Nach Widerständen gegen das Schließungsdekret gilt die Anordnung jedoch nicht für die Pfarrkirchen. In einer am Freitag veröffentlichten angepassten Regelung heißt es, in den Pfarrkirchen sollten die Priester gemeinsam mit den Gläubigen über verantwortungsvolle Zugangsmöglichkeiten entscheiden. Die neuen, weniger strengen Vorgaben seien in Abstimmung mit Papst Franziskus in seiner Eigenschaft als Bischof von Rom erarbeitet worden, hieß es. Dieser hatte schon in seiner Frühmesse angedeutet, dass "drastische Maßnahmen nicht immer gut" seien.

Der Papst spendete unterdessen für den Kampf gegen das Coronavirus in Italien der Caritas des Landes 100.000 Euro. Das teilte die Hilfsorganisation am Donnerstag mit. Es handele sich "um eine erste bedeutende Unterstützung in dieser Notsituation", hieß es aus dem Vatikan. Das Geld solle dazu dienen, die dringend notwendige Hilfe für Arme und besonders bedürftige Menschen sicherzustellen. Die Summe wird im Auftrag des Papstes vom Dikasterium für die ganzheitliche Entwicklung des Menschen zur Verfügung gestellt. Der traditionelle niederländische Blumenschmuck zu Ostern auf dem Petersplatz fällt wegen der Corona-Krise aus. Nach Beratungen mit allen Beteiligten habe man sich zur Absage entschlossen, teilte die niederländische Botschafterin beim Heiligen Stuhl, Caroline Weijers, am Donnerstag auf Twitter mit. Die prachtvollen Arrangements holländischer Blumenzüchter bilden seit 1986 regelmäßig den Rahmen für die Ostermesse des Papstes und den Segen "Urbi et orbi".

Schönborn verschärft Maßnahmen, Polen setzt Sonntagspflicht aus

Kardinal Christoph Schönborn verschärfte nochmals die Vorkehrungen zur Eindämmung der Corona-Epidemie für seine Erzdiözese Wien. Ab Montag würden alle öffentlichen Gottesdienste und sonstigen Veranstaltungen ausgesetzt, die Messfeiern "fänden ohne physische Anwesenheit der Gläubigen" statt, sagte der Wiener Erzbischof am Donnerstag. Sämtliche aufschiebbare Feiern wie Taufen oder Hochzeiten müssten verlegt werden, Begräbnisse sollten nur im kleinsten Rahmen und nur am Grab oder außerhalb des Kirchenraumes stattfinden. Auch alle weiteren Versammlungen wie Gruppenstunden, Sitzungen, Sakramentenvorbereitungen, Bibelkreise, Gebetsrunden oder Exerzitien müssten abgesagt werden. Zugleich ordnete Schönborn an, dass die Kirchen zum persönlichen Gebet tagsüber offen zu halten sind. Die Vollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz wird von vier auf zwei Tage verkürzt und von Tirol nach Wien verlegt, teilte Generalsekretär Peter Schipka am Freitag mit. Bei dem Treffen ab Montag (16. März) wird unter anderem ein neuer Vorsitzender als Nachfolger für Schönborn gewählt.

Die katholische Kirche in Polen hob für einen Großteil der Gläubigen die Pflicht zur Teilnahme an der Sonntagsmesse auf. "In Anbetracht der Gefahr für Gesundheit und Leben" empfahl die Bischofskonferenz am Donnerstag allen polnischen Diözesen, ältere Menschen, Kinder und Personen mit Anzeichen einer Infektion oder Angst vor einer Ansteckung bis Ende März von der Verpflichtung zum Gottesdienstbesuch zu befreien. Das bedeute, dass für diese das Fernbleiben der Messe keine Sünde sei, erläuterte der Ständige Rat der Bischofskonferenz seine Entscheidung. Noch am Dienstag hatte der Bischofskonferenz-Vorsitzende Erzbischof Stanislaw Gadecki um eine Erhöhung der Zahl der Sonntagsmessen gebeten, um große Menschenansammlungen in Kirchen zu vermeiden. Gadecki hatte zudem wegen der Corona-Epidemie die für diesen Donnerstag und Freitag geplante Vollversammlung der polnischen Bischöfe auf unbestimmte Zeit verschoben.

Malta und Belgien sagen öffentliche Gottesdienste ab

Die katholische Kirche der Inselrepublik Malta sagte wegen der Corona-Krise alle öffentlichen Gottesdienste ab. Die Gläubigen seien von der Pflicht des sonntäglichen Messbesuchs entbunden, hieß es am Donnerstag in einer Mitteilung des Erzbistums Malta. Das maltesische Bistum Gozo trägt die Entscheidung mit. Die Kirche in Belgien sagte ebenfalls sämtliche öffentlichen Gottesdienstfeiern bis 3. April ab. "Aufgrund der Ausbreitung der Coronavirus-Epidemie haben die belgischen Bischöfe heute beschlossen, alle öffentlichen liturgischen Feiern in unserem Land auszusetzen", teilte die Belgische Bischofskonferenz am Donnerstag in Brüssel mit. Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen fänden weiterhin mit einer begrenzten Anzahl von Teilnehmern statt, so die Bischöfe. Das Erzbistum Luxemburg sagte für drei Wochen alle öffentlichen Gottesdienste und Veranstaltungen ab. Ab Samstag bis 3. April fänden keine öffentlichen Gottesdienste statt, teilte das Erzbistum (Freitag) mit. Die Sonntagspflicht entfalle. Hochzeiten, Taufen und Firmungen müssten auf später verschoben werden. Begräbnisfeiern sollen stattfinden, allerdings nur im engsten Familienkreis. Am Freitagmorgen sagte die Niederländische Bischofskonferenz alle öffentlichen Messfeiern bis zum 31. März ab. Die Französische Bischofskonferenz verschob ihre für 31. März bis 3. April geplante Vollversammlung in Lourdes. Ebenfalls wird die im Mai geplante 62. Internationale Soldatenwallfahrt nach Lourdes nicht stattfinden.

Bild: ©KNA/Harald Oppitz

Ein trockenes Weihwasserbecken am 9. März 2020 in einer katholischen Kirche in Bonn. Auf einem handgeschriebenen Zettel ist zu lesen: "Aus hygienischen Gründen verzichten wir hier auf Weihwasser".

Auch mehrere deutsche Bistümer veröffentlichten weitere Maßnahmen mit Blick auf das Coronavirus. Wie andere bayerische Diözesen richtete das Erzbistum München und Freising einen Krisenstab ein. Am Freitag sagte die Diözese alle öffentlichen Gottesdienste bis zum 3. April ab. Taufen und Trauungen seien zu verschieben; in dringlichen Ausnahmesituationen können Priester und Diakone das Taufsakrament im engsten Familienkreis spenden, hieß es. Firmungen seien, wie bereits mitgeteilt, für den Zeitraum bis Ostern zu verschieben. Das Bistum Passau sagte wegen der Corona-Krise alle größeren Veranstaltungen bis 25. April ab, darunter auch eine Jugendwallfahrt nach Altötting, die an diesem Tag dort enden sollte. Begräbnisse und Abschiedsfeiern sollten außerdem in möglichst kleinem Kreis gehalten werden, hieß es. "Dies gilt auch für Taufen und Hochzeiten, soweit sie nicht verschoben werden können." Die Kirchen blieben geöffnet. Solange die Krise andauere, seien nicht mehr alle Gläubigen zur Teilnahme an einer Sonntagsmesse verpflichtet.

Regensburg will kirchliche Grundvollzüge aufrechterhalten

Im Bistum Regensburg erging ein Schreiben mit "pastoralen Hinweisen" an die Pfarrer und Pfarradministratoren. Darin erinnerte Generalvikar Michael Fuchs daran, sowohl die vom Staat auferlegten Einschränkungen zu beachten als auch alles zu tun, "um die kirchlichen Grundvollzüge aufrechtzuerhalten". Dazu gehöre in der Liturgie die Feier der Eucharistie sowie die Vorbereitung und Feier der anderen Sakramente, heißt es in dem Brief. Diese seien wirksame Zeichen der "heilenden und tröstenden Nähe Gottes" und sollten nach Möglichkeit so ausgeführt werden, dass sie nicht zu den erlassenen Einschränkungen in Widerspruch stünden. Die geplanten Firmungen würden ab sofort bis auf weiteres ausgesetzt, auch solle die Höchstgrenze von 100 Teilnehmern bei Gottesdiensten und Veranstaltungen nicht überschritten werden, hieß es in einer weiteren Mitteilung von Freitag. Wie Regensburg richtete auch die Diözese Eichstätt einen Krisenstab ein, der die Situation beobachten und auf die aktuellen Entwicklungen reagieren soll. Bisher gibt es nach Angaben der Diözese von Donnerstag jedoch keine offiziellen Absagen von Gottesdiensten seitens der Bistumsleitung.

In der Diözese Rottenburg-Stuttgart werden alle Firmungen bis zum 30. April abgesagt, wie das Bistum am Donnerstag auf Anfrage mitteilte. Es gebe aber keine generelle Absage von Gottesdiensten. Auch Taufen und Hochzeitsgottesdienste mit bis zu 50 Gästen könnten stattfinden. Abgesagt ist den Angaben zufolge die Palmsonntagsprozession mit Bischof Gebhard Fürst am 5. April in Rottenburg. Im Bistum Erfurt müssen die Pfarrer und weiteren Gemeindeverantwortlichen dafür sorgen, dass der Zugang zu Kirchengebäuden und Gemeinderäumen "zahlenmäßig wirksam begrenzt wird", wie das Bistum am Donnerstag bekanntgab. Für die Zeit und die Regionen des Bistums, in denen die Obergrenzen für Versammlungen staatlich festgelegt sind, hob Bischof Ulrich Neymeyr die Verpflichtung der Katholiken zur Teilnahme am Sonntagsgottesdienst auf.

Das Erzbistum Freiburg reagierte mit weitreichenden Entscheidungen auf die Herausforderungen durch das Coronavirus: Veranstaltungen wurden abgesagt und Erstkommunionfeiern und Firmungen sollen nur in kleinem Kreis gefeiert oder bis auf weiteres verschoben werden, teilte die Diözese am Freitag mit. Ob Gottesdienste stattfinden können, hängt demnach von den Bestimmungen der örtlichen Gesundheitsbehörden zu den maximalen Teilnehmerzahlen ab. Würden mehr Besucher erwartet, sei der Gottesdienst vorsorglich abzusagen und in geeigneter Art darauf hinzuweisen. Die Pfarrgemeinderatswahl am 22. März soll wie geplant stattfinden. Die Verantwortlichen für die Durchführung der Wahl raten jedoch dazu, von der Möglichkeit der Briefwahl und der Online-Wahl Gebrauch zu machen.

Das Bistum Osnabrück riet den Kirchengemeinden und Einrichtungen des Bistums Osnabrück von der Feier von Gottesdiensten bis einschließlich Palmsonntag (5. April) "grundsätzlich ab". "Die gegenwärtige Situation erfordert außergewöhnliche Schritte, die zu gehen uns allen viel abverlangt", schreibt Bischof Franz-Josef Bode in einem Brief an die Gemeinden. Ab Montag bleiben auch die 223 Kindertagesstätten und die 16 katholischen Schulen des Bistums in Niedersachsen bis Mitte April geschlossen. Aufgrund des besonderen Risikopotentials seien Gottesdienste in Krankenhäusern, Altenhilfe- und Pflegeeinrichtungen im Bistum Osnabrück "bis auf weiteres abzusagen". Beerdigungen können nach aktuellem Stand nur in einem kleineren Rahmen stattfinden. Vor Ostern geplante Taufen und Trauungen seien nach einem Gespräch mit den betroffenen Familien zu verschieben. Laut Bode gibt es in der derzeitigen Situation für keinen Katholiken eine Verpflichtung zum Besuch von Gottesdiensten im Sinne der Sonntagspflicht. Das Bistum Münster empfiehlt Pfarreien und kirchlichen Einrichtungen, alle Veranstaltungen, die nicht zwingend durchgeführt werden müssen, abzusagen oder zu verschieben. Alle Firmungen würden bis zum Ende der Osterferien abgesagt, hieß es in einer Mitteilung der Diözese von Freitag. Sonstige Gottesdienste könnten unter Beachtung besonderer Verhaltensmaßnahmen weiterhin stattfinden. (mit Material von KNA)

Von Tobias Glenz

13.3., 11:40 Uhr: Ergänzt um Erzbistum Luxemburg. 12:15 Uhr: Ergänzt um Vollversammlung der ÖBK. 12:45 Uhr: Ergänzt um Bistümer Osnabrück und Münster (alle weiteren Maßnahmen der deutschen Bistümer im FAQ, siehe Textbox unten). 13:15 Uhr: Aktualisiert bei römischen Kirchenschließungen. 14:25 Uhr: Ergänzt um Niederländische und Französische Bischofskonferenz. 15:30 Uhr: Aktualisiert bei München und Freising. 16:20 Uhr: Aktualisiert bei Regensburg.

Alle Anordnungen der Bistümer

Die Maßnahmen und Richtlinien aller deutschen Bistümer sind im FAQ zu Kirche und Coronavirus verlinkt (werden laufend aktualisiert).