Richter sehen gerechtfertigten Eingriff in Religionsfreiheit

Gottesdienstverbot: Gericht weist Antrag von Traditionalisten zurück

Veröffentlicht am 07.04.2020 um 16:56 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Eine traditionalistische Gemeinschaft hatte gegen das Verbot öffentlicher Gottesdienste geklagt. Für Kirchen sollten keine strengeren Regeln gelten als für Supermärkte, hieß es. Jetzt hat das Berliner Verwaltungsgericht eine Entscheidung gefällt.

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Das Berliner Verwaltungsgericht hat das im Zuge der Corona-Pandemie erlassene Verbot der Feier von öffentlichen Gottesdiensten in der Bundeshauptstadt bestätigt. Das Gericht wies damit am Dienstag einen Eilantrag des Vereins "Freundeskreis St. Philipp Neri" zurück. Der Verein hatte gefordert, im katholischen "Institut St. Philipp Neri" im Stadtteil Wedding Gottesdienste mit bis zu 50 Gläubigen feiern zu dürfen.

Zwar bedeute das Verbot von Gottesdiensten einen Eingriff in das Grundrecht der Religionsfreiheit, so das Gericht. Dieser sei jedoch durch widerstreitende Grundrechte und Werte von Verfassungsrang gerechtfertigt. Beispielhaft nannte das Gericht den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Gottesdienstteilnehmer und der übrigen Bevölkerung sowie die Aufrechterhaltung eines funktionierenden öffentlichen Gesundheitssystems. Zum Schutz dieser Werte sei das zeitlich begrenzte Verbot verhältnismäßig, der Kernbereich der Religionsfreiheit werde nicht berührt.

Gericht: Besuch von Kirchen zur stillen Einkehr bleibt erlaubt

Das Gericht wies in seiner Entscheidung ferner darauf hin, dass Besuche von Kirchen, Moscheen und Synagogen zur individuellen stillen Einkehr weiter erlaubt blieben; dies gelte auch für private Andachten im Kreis der Haushaltsangehörigen. Zudem bestehe die Möglichkeit, Gottesdienste auf elektronischem Wege zu übertragen und als gläubiger Mensch entsprechende Angebote zu nutzen.

Am Wochenende war bekannt geworden, dass der "Freundeskreis St. Philipp Neri" mit dem Ziel einer einstweiligen Anordnung Klage gegen das geltende Gottesdienstverbot in der Bundeshauptstadt eingereicht hatte. "Nach unserer Auffassung ist das ausnahmslose Verbot sämtlicher öffentlicher Gottesdienste unverhältnismäßig, weil die Gesundheit der Gläubigen in unserer Kirche – vor allem durch Markierung von Sitzplätzen im richtigen Abstand – deutlich effektiver zu gewährleisten ist als in vielen Supermärkten, welche ja geöffnet bleiben", hieß es zur Begründung.

Verein kann Beschwerde gegen Beschluss einlegen

Vor diesem Hintergrund halte man die aktuelle Einschränkung des Grundrechts auf Religionsfreiheit für nicht akzeptabel: "Zu bedenken ist auch, dass – um es weltlich auszudrücken – die psychologischen Beeinträchtigungen für die Gläubige sehr schwerwiegend sind." Die Gemeinde wollte sich nach Informationen der "Süddeutscher Zeitung" dazu verpflichten, dass die Besucher immer einen Mindestabstand von 1,5 Metern untereinander einhalten. Außerdem wollte man Namen, Adressen und Telefonnummern aller Besucher sammeln und aufheben. Gegen den jetzt erfolgten Beschluss des Verwaltungsgerichts (VG 14 L 32/20) kann der "Freundeskreis St. Philipp Neri" Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegen.

Im "Institut St. Philipp Neri" werden Gottesdienste in traditioneller lateinischer Liturgie gefeiert, wie sie vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) üblich war. Das Institut ist nicht dem Erzbistum Berlin unterstellt, sondern eine Einrichtung päpstlichen Rechts. (stz)