Geschichte und Bedeutung des feierlichen Osterlobes

"Frohlocket, ihr Chöre der Engel": Das Exsultet

Veröffentlicht am 11.04.2020 um 12:45 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Für viele Gläubige ist es eines der Highlights des Kirchenjahres: das Exsultet. Das feierliche Osterlob kennzeichnet eine lange Geschichte und tiefe Bedeutung. Katholisch.de stellt das Exsultet vor, das nur einmal im Jahr in der Osternacht gesungen wird.

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Es ist ein beeindruckender Moment und wohl der Höhepunkt der Liturgie der Osternacht: Die Osterkerze zieht als einziges Licht in die komplett dunkle Kirche ein. Nach und nach wird die kleine Flamme an die Gläubigen weitergegeben und taucht so das ganze Gotteshaus in warmen Kerzenschein. Das Licht besiegt die Dunkelheit – die Auferstehung wird erlebbar. Wegen dieser emotionalen Symbolik versteht es sich fast von selbst, dass die Osterkerze – das Symbol für Jesus Christus par excellence – eine besondere Würdigung verdient. Genau diese Aufgabe fällt dem gesungenen Osterlob zu, das die Lichtfeier zu Beginn der Osternacht abschließt und nach dem Anfangswort seines lateinischen Textes Exsultet genannt wird.

Einer der ältesten Texte des römischen Messbuchs

Eine genaue Datierung des Exsultet ist nicht möglich. Sicher ist jedoch, dass es zu den ältesten Texten des römischen Messbuchs gehört. Es entstand wahrscheinlich am Übergang des 4. zum 5. Jahrhundert im heutigen Norditalien oder Südfrankreich. Die früheste Bezeugung eines solchen Lichtdankes stammt aus dem Jahr 384. Heute sind nur noch acht dieser in der Spätantike weit verbreiteten Osterpräkonien überliefert. Der Autor des Exsultet ist unbekannt, oft wird jedoch ein Diakon als Verfasser in Spiel gebracht, da es seit Aufkommen des Osterlobes die Aufgabe des Diakons ist, das feierlich gesungene Gebet vorzutragen. Im Text wird diese Verbindung durch einen Vers deutlich, der den Vortragenden zur "Schar der Leviten" zählt. Heute können jedoch auch ein Priester oder ein Kantor das Exsultet singen.

Der vorgeschriebene Ort seiner Verkündung ist der Ambo, von dem auch die Schriftlesungen vorgetragen werden. Seit dem Hochmittelalter sind Exsultet-Rollen mit beträchtlicher Länge bekannt, in denen der Text des Lobes zusammengestellt ist und die auf den Ambo gelegt wurden. Neben dem in der römischen Liturgie verwendeten Exsultet aus der gallikanischen Tradition wird im ambrosianischen Ritus des Erzbistums Mailand ein eigenes Osterpräkonium verwendet.

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"Exsultet" bedeutet wörtlich: "Es jauchze". Und genau das möchte das Lob der Osterkerze mit seiner feierlichen Melodie und seinem preisenden Inhalt ausdrücken. Der Verfasser zeigt durch seinen kunstvoll verfassten Text, dass er spätantike Rhetorik auf höchstem Niveau beherrscht. Das wird an den umfangreichen Ausschmückungen durch eindrückliche Methapern, konkretisierende Adjektive und eine erhabene Wortwahl deutlich. Auf diese Weise erzeugt das Exsultet mächtige Gefühle, die den Zugang zum Osterfest erschließen sollen, dessen Geheimnis mit den Verstand manchmal nur schwer zu erfassen ist. Durch seine Feierlichkeit ist das Osterlob für viele Gläubige ein Highlight des Kirchenjahres, was auch dadurch befördert wird, dass das Exsultet nur einmal im Jahr erschallt – in der Ostenacht.

Himmel und Erde sollen Gott loben

Den Beginn des Exsultet markiert ein Prolog, der dazu einlädt, der Osterfreude Ausdruck zu geben. Diese Aufforderung zeigt sich in den ersten Versen des Lobgesanges, für den die himmlischen Wesen angerufen werden: "Frohlocket, ihr Chöre der Engel, frohlocket, ihr himmlischen Scharen, lasset die Posaune erschallen, preiset den Sieger, den erhabenen König." Die gesamte Erde soll in diesen Lobgesang für den Auferstandenen einstimmen. Daraufhin bittet der vortragende Diakon auf poetische Weise um das Gebet der Gläubigen für die Erfüllung seiner Aufgabe als Vorsänger. Nun beginnt ein Teil des Osterlobes, der deutlich macht, dass das Exsultet ein liturgisches Hochgebet ist: Wie in der Heiligen Messe kommt es zu einem Wechselgesang zwischen Kleriker und Laien. In der anschließenden Präfation dankt der Diakon Gott für die Auferweckung Jesu.

Weiter geht es mit der Erinnerung an die heilgeschichtlichen Taten Gottes am Volk Israel. Dabei ist auffällig, dass der Autor in fünf mit den Worten "Dies ist die Nacht" eingeleiteten Sätzen auf die Bedeutung des Pessach-Festes verweist, das sich in der Osternacht wiederholt und in ihr seine Erfüllung findet: "Dies ist die Nacht, die unsere Väter, die Söhne Israels aus Ägypten befreit." Das Exsultet deutet den Kreuzestod Jesu als Erfüllung des jüdischen Festes: "Gekommen ist das heilige Osterfest, an dem das wahre Lamm geschlachtet ward, dessen Blut die Türen der Gläubigen heiligt."

Bischof Wiesemann feiert die Osternacht im Speyerer Dom
Bild: ©Bistum Speyer

Die Osterkerze erleuchtet die dunkle Kirche und verteilt ihr Licht an die Gläubigen, wie hier bei einem Osternachtsgottesdienst mit Bischof Karl-Heinz Wiesemann im Hohen Dom zu Speyer.

In ebenfalls fünf darauffolgenden O-Rufen geht es um den Erlösungstod Jesu. In scheinbar widersprüchlichen Aussagen deutet der Verfasser das Ostergeschehen: "O wahrhaft heilbringende Sünde des Adam, du wurdest uns zum Segen" und "O glückliche Schuld, welch großen Erlöser hast Du gefunden". Mit dem theologischen Motiv des "wunderbaren Tauschs" macht das Exsultet deutlich, das allein die Gnade Gottes und nicht der Verdienst des Menschen die Welt erlösen konnten. In diesen Aussagen zum Heilshandeln Gottes zeigen sich deutliche Spuren der Erlösungslehre des heiligen Ambrosius von Mailand, weshalb die Entstehung des Textes immer wieder im Umfeld des Kirchenvaters vermutet wird.

Anschließend weiht der Diakon die Osterkerze an Gott: "Nimm diese Kerze entgegen als unsere festliche Gabe." Die folgenden Verse gehen vom Lob der Osternacht und Gottes Handeln zum Lob der Osterkerze über, die als Symbol für den auferstandenen Christus gedeutet wird. Dabei finden auch die Bienen Erwähnung, die das Material für die Kerze geliefert haben. Gemäß den kirchlichen Vorgaben muss eine Osterkerze zu einem bestimmten Prozentsatz aus Bienenwachs bestehen. Ein eigenes Lob der Bienen fand sich zuvor in den mittelalterlichen Osterpräkonien, wurde jedoch mit der Einführung des Missale Romanum im Jahr 1570 gestrichen.

Zum Abschluss des Exsultet bittet der Diakon darum, dass das Licht der Osterkerze leuchte, "um in dieser Nacht das Dunkel zu vertreiben". Er richtet den Blick zudem auf die Wiederkehr Christi, bis zu dessen Erscheinen die Flamme der Osterkerze leuchten möge. So spannt das Osterlob den Bogen von der eindringlichen Erinnerung an das Heilshandeln Gottes am Volk Israel hin zum Ausblick auf die endgültige, noch ausstehende Vereinigung des Gläubigen mit Gott, der sich von Jesus Christus erlöst weiß und dies an Ostern feiert. Oder wie es das Exsultet in poetischer Sprache ausdrückt: "Dies ist die selige Nacht, in der Christus die Ketten des Todes zerbrach und aus der Tiefe als Sieger emporstieg."

Von Roland Müller

Das Exsultet im Wortlauf

Den Wortlaut des feierlichen Osterlobes finden Sie auf den Seiten der Erzabtei Beuron.