Standpunkt

Die Corona-Krise ist keine Chance für die Kirche!

Veröffentlicht am 15.04.2020 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Ist die Corona-Pandemie eine Chance für die Kirche? Für mehr Verkündigung, mehr Nächstenliebe oder mehr Frauen? Nein, kommentiert Björn Odendahl – und warnt vor einer Verzweckung der aktuellen Krise.

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Es ist eine gleichermaßen romantisierende wie gefährliche Vorstellung, die sich dieser Tage in den unterschiedlichsten kirchlichen Kreisen Bahn bricht. Vom "einfachen" Gläubigen bis zum Bischof sehen viele Katholiken die Corona-Pandemie nicht mehr einfach nur als das, was sie ist: ein sich rasant ausbreitendes Virus, das weltweit mehr als hunderttausend Menschen tötet. Stattdessen kommt es zu Deutungsversuchen. Könnte das Virus nicht auch eine Chance für die Kirche sein?

Soviel vorweg: Außer einigen wenigen ultrakonservativen Hardlinern wie dem kasachischen Weihbischof Athanasius Schneider vertritt wohl kaum jemand ernsthaft die Meinung, das Coronavirus sei die Strafe eines zornigen Gottes und diene der "Reinigung" von Welt und Kirche. Dennoch wird die Pandemie nun aus den verschiedensten kirchlichen Lagern für die eigenen Anliegen verzweckt: Da wird patriotisch zum gemeinsamen Gebet für Deutschland (und dann erst für alle anderen) aufgerufen. Da spazieren Priester mit der Monstranz durch die Straßen, um das Virus abzuwehren. Von Umkehr ist die Rede und generell von mehr Frömmigkeit und Verkündigung, die einem durch und durch säkularem Land wie unserem gut tun würde.

Auf der anderen Seite stehen die, die das Coronavirus nun als Katalysator für schnellere Reformen nutzen wollen: Statt Priester, die alleine die Eucharistie feiern, wollen sie Frauen, die alleine Wortgottesdienste feiern. Sie fordern eine Kirche, die sich in der Krise vor allem durch soziales Engagement auszeichnet, die voller Nächstenliebe an der Seite der Armen, Alten, Kranken und Schwachen steht, statt weiter über den Sinn und Unsinn von Fernseh- und Internetgottesdiensten zu diskutieren.

All das, was für sich genommen erst einmal nicht falsch (wenn auch nicht immer durchdacht) klingt, bekommt vor dem Hintergrund der aktuellen Pandemie und durch das Ausspielen der Grundvollzüge der Kirche gegeneinander jedoch einen faden Beigeschmack. Wer diakonisches Handeln für die antiklerikale Alternative zur Liturgie hält, hat den Auftrag der Kirche wie der Christen nicht verstanden. Die Corona-Krise ist keine Chance. Sie ist kein Geschenk. Sie ist sinnlos! Das gilt es für uns Christen nun auszuhalten. Haben wir die Krise überstanden, dann darf gerne weiterdiskutiert werden, welcher Kurs für die Kirche in Zukunft der Richtige ist.

Von Björn Odendahl

Der Autor

Björn Odendahl ist Chef vom Dienst bei katholisch.de.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.